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ISSUE No.4 Mai - June 2007

Get in Shape with Camel’s Milk
Ancient Customs versus Fast-food

Diabetes gilt als typisches Krankheitsbild in der Golfregion. Jeder dritte Bürger der VAE leidet mittlerweile unter der Zivilisationskrankheit. Die Gründe liegen auf der Hand: Zu wenig Bewegung, zu viel und zu fette Nahrung. Jetzt warten Gesundheitsexperten mit einer neuen (oder besser: einer alten) Wunderwaffe auf. Kamelmilch ist in aller Munde.

Noch vor vierzig Jahren gehörten Datteln und Kamelmilch zu den Grundnahrungsmitteln der einheimischen Bevölkerung. Schon die Beduinen wussten die Vorzüge der reichhaltigen, aber fettarmen weißen Flüssigkeit zu schätzen. Im Zuge der rasanten Modernisierung kam es jedoch zu einer Veränderung der Nahungsaufnahme. Plötzlich stand neben den begrenzten traditionellen Lebensmitteln ein Überangebot an Speisen auf dem Essensplan. Nie wieder hungern dank Fastfood, lautet die Devise.
Besuchern der VAE fallen sogleich die riesigen „Food Courts“ in den unzähligen Einkaufszentren und das Überangebot an Restaurants in den Städten auf. Bequeme Zufuhr von Lebensmitteln an jeder Ecke ist mittlerweile rund um die Uhr möglich. Der hochmotorisierte Untersatz erlaubt ein stressfreies Vorfahren vor jedes Restaurant. Das Dienstleistungsland sorgt mit ausreichenden „Drive-in“-Möglichkeiten oder bequemem Lieferservice für die angenehmste Art der Bestellung. Das Resultat sind Übergewicht und eine ganze Reihe von Zivilisationskrankheiten.
Im Kampf gegen ungesunde Ernährung tritt ein altes, fast vergessenes Lebensmittel erneut in den Vordergrund. Glaubt man der landläufigen Meinung, so ist Kamelmilch ein Wundermittel. Mit ihrer Hilfe sollen die schwersten Krankheiten besiegt werden – dafür fehlt jedoch jeder wissenschaftliche Beweis. Vergleicht man die Milch der Höckertiere mit normaler Kuhmilch, so enthält sie fünfmal soviel Vitamin C, aber nur halb soviel Fett. Sie ist in Wüstenregionen der wichtigste Vitamin-C-Lieferant und  schon im natürlichen Zustand homogenisiert, klumpt somit nicht und verursacht deshalb kein unangenehmes Völlegefühl. Ihre langkettigen Fettsäuren sollen sogar das gefährliche Cholesterin reduzieren. Die allergenarme Flüssigkeit kann auch von Menschen genossen werden, die unter Kuhmilchunverträglichkeit leiden. Doch wie kommt das gesunde Lebensmittel schließlich an den Endverbraucher? Der deutsche Veterinär Dr. Ulrich Wernery, der wohl größte Fan des Produkts, kam auf die glorreiche Idee, eine Kamelmilchfarm zu gründen. In Dubai, dem Emirat der unbegrenzten Möglichkeiten, steht nun die weltweit erste automatische Kamelmilch-Melkeinheit. Im Probelauf gaben 230 Dromedare  täglich etwa 2000 Liter Milch. Zur Optimierung dieses Vorgangs wurde von Wernery eine Kamelmelkmaschine entworfen. So werden die Tiere nun Tag für Tag vollautomatisch gemolken, im Gegensatz zu Milchkühen ist die Milchausbeute jedoch geringer. Laut Dr. Wernery liegt dies an Optimierungsproblemen. Es müssen erst Kamele gezüchtet werden, deren Euter auch in die genormten Melkmaschinen passen. Für den europäischen Gaumen ist die etwas süße, manchmal auch salzige Milch ungewöhnlich, aber durchaus genießbar. Kamelmilch befindet sich mittlerweile in den Kühltheken der Supermärkte. An der Käseproduktion wird gearbeitet, und für Naschkatzen soll sogar demnächst Kamelmilchschokolade in den  Regalen zu finden sein.
Es bestätigt sich wieder einmal, dass der Blick in die Vergangenheit nicht zu verachten ist und vergessene Geheimnisse in jeder Kultur schlummern. Die Kombination aus modernster Technik und altem Wissen bringt den Schatz Kamelmilch in die Kühlschränke der jungen Generation. Dies ist zumindest ein erster Ansatz, den ungesunden Lebensstil mit einfachen Mitteln zu verbessern.