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AUSGABE Nr.2 Januar-Februar 2007

Deutsch-Arabische Geschäftsbeziehungen
Interkulturelle Handlungskompetenz als wirtschaftlicher Erfolgsfaktor

von Silvana Hutterer

Durch den anhaltenden Boom in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) haben die Scheichs binnen weniger Jahre vor allem aus den Emiraten Dubai und Abu Dhabi zwei Wirtschaftsmetropole geschaffen, die jährlich um mehr als 10% wachsen. Dies hat dazu beigetragen, dass sich auch immer mehr deutsche Unternehmen und deren Mitarbeiter entscheiden, dort niederzulassen und Geschäftsbeziehungen aufzubauen. In den VAE leben neben den Emiratis Menschen aus sehr unterschiedlichen Kulturkreisen, wie etwa aus Indien, Pakistan, den Philippinen, Bangladesch oder Deutschland. Sie alle müssen lernen, miteinander zu kommunizieren, wobei meist die wirtschaftlichen Interessen der Firmen im Vordergrund stehen.

Gerade in solch einem internationalen Umfeld rückt die Kenntnis fremder Sprachen, Kulturen und Lebensumstände als Erfolgsfaktor für langfristige Geschäftsbeziehungen immer weiter in den Vordergrund. Folglich ist für Unternehmen in den VAE die Erzielung interkultureller Kommunikationsfähigkeit und Handlungskompetenz als zusätzliche zentrale Aufgabe des Managements anzusehen.
Aufgrund der Kontakte, welche durch mein Praktikum 2003 bei der Außenhandelskammer in Dubai entstanden sind, bot sich für mich die Gelegenheit, meine Diplomarbeit in Zusammenarbeit mit der AHK bzw. dem German Business Council in Dubai durchzuführen. An dieser Stelle sei nochmals ein herzliches Dankeschön speziell an Herrn Dr. Friedrich, die AHK und den GBC in Dubai für die gelungene Zusammenarbeit ausgesprochen.
Der Arbeitstitel der empirische Untersuchung lautete: „Interkulturelle Kommunikationsfähigkeit und Handlungskompetenz als Erfolgsfaktor bei deutsch-arabischer Geschäftsbeziehungen am Beispiel der VAE“. Zielgruppe der Erhebung waren deutsche Manager und Mitarbeiter verschiedener Unternehmen mit Firmensitz in den VAE, welche Kontakt zu arabischen Managern und Geschäftspartnern pflegen. Insgesamt wurde der Fragebogen an ca. 250 Unternehmen in Dubai und 150 Firmen in Abu Dhabi geschickt. Die Rücklaufquote betrug 9%. Von den Befragten waren 76% Führungskräfte, welche sehr engen Kontakt zu arabischen Geschäftspartnern innehaben, die restlichen 24% teilten sich in Fachkräfte und sonstiges, wie z. B. Selbstständige auf. Zu den Beweggründen, sich in den VAE niederzulassen, zählten für 28% der befragten Deutschen das attraktive Berufsumfeld sowie die gute Wirtschaftslage und Marktentwicklung in den VAE. Als weitere Gründe wurden berufliche Versetzung, persönliche Herausforderung, interessante Stadt und Kultur, Einladung oder Gründung einer Tochtergesellschaft genannt.
Die Befragten konnten bei der Untersuchung insgesamt in zwei Gruppen unterteilt werden: Zum einen gab es eine Gruppe, die ein interkulturelles Training durchlaufen hatte. Diese umfasste 24% der Befragten. Zu den Vorbereitungsmaßnahmen zählten neben einer Informationsreise in die VAE oder Gespräche mit Rückkehrenden ein speziell aufgebautes interkulturelles Vorbereitungsseminar für die VAE. Die andere Gruppe, welche 76% der Befragten ausmachte, wurde ohne interkulturelle Vorbereitung in die VAE entsandt. Von den 24% interkulturell Trainierten nahmen die Hälfte an einem unternehmensinternen Seminar, die andere Hälfte an einem unternehmensexternen Vorbereitungsseminar teil. Insgesamt konnten sich 50% der Teilnehmer noch sehr gut an die Inhalte des Seminars erinnern. Ebenso bestätigten 50%, dass ihnen die Teilnahme am Seminar geholfen hat, Vorurteile abzubauen, bzw. gar nicht erst aufzubauen. Bei 37.5% der Befragten hat das Seminar dazu beigetragen, in der Anfangsphase einige Fehler zu vermeiden, da sie diesbezüglich vorher geschult wurden. 
Aufgrund der Ergebnisse der Befragung konnte festgestellt werden, dass klare Unterschiede in der Managementpraxis zwischen den VAE und Deutschland vorhanden sind. Als Ursache für Verständigungsschwierigkeiten mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Geschäftsbeziehungen konnten Differenzen in der Arbeitseinstellung, im Zeitverständnis oder im Führungsverhalten angeführt werden.
Wie sich anhand der empirischen Untersuchung bestätigte, lag eine der wesentlichen Ursachen für mangelnde Sensibilität bei deutsch-arabischen Geschäftsbeziehungen in den VAE in der nicht vorhandenen oder nur ungenügenden interkulturellen Vorbereitung der betroffenen Mitarbeiter. Eine geringe Vorbereitung der Befragten, welche meist nur auf Informationsbesuche beschränkt ist, könnte eine mögliche Ursache für eine schlechte Eingewöhnung und Missverständnisse darstellen. Des Weiteren wurde gezeigt, dass Probleme bezüglich der Anpassung häufig bei den Ehepartnern der ins Ausland entsandten Mitarbeiter auftreten. Dies ist oftmals der Grund für das Scheitern einer Geschäftsbeziehung bzw. der Auslandstätigkeit. Weitere genannte Motive dafür waren eine unzureichende Kommunikation mit den lokalen Auftraggebern sowie falsche Erwartungen seitens des Stammhauses in Deutschland. Ebenso zählten mangelnde Toleranz und Unflexibilität im Bezug auf die eigenen Verhaltensmuster sowie arrogantes und überhebliches Verhalten gegenüber arabischen Geschäftspartnern zu den Gründen für einen geschäftlichen Misserfolg.
Bei der Untersuchung wurde außerdem hinterfragt, welcher kulturelle Unterschied für die Deutschen in den VAE am größten und deutlichsten war. Hierbei wurden die Religion, die Entscheidungsfindung und Problemlösung sowie das unterschiedliche Zeitempfinden als Hauptunterschiede genannt. Auch wurde die Direktheit der Deutschen im Gegensatz zu den Arabern als große Verschiedenheit aufgeführt. Am deutlichsten zeigte sich der Unterschied zwischen deutschen und arabischen Gepflogenheiten in der Pflege von sozialen Kontakten und dem Schaffen von Vertrauen im Rahmen eines langwierigen Prozesses.
Es konnte nachgewiesen werden, dass die Teilnehmer trotz aller Grenzen von interkulturellem Training, die insbesondere in dem Lernwillen und der Motivation der Teilnehmer selbst liegen, durch gezielte Maßnahmen interkulturelle Handlungskompetenz entwickeln. Diese erleben demzufolge die interkulturellen Interaktionen als weniger schwierig, sind einem geringeren Kulturschock ausgesetzt und arbeiten insgesamt effektiver als Personen, welche kein Training durchlaufen haben.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ein interkulturelles Training als Vorbereitung für einen Auslandseinsatz unabdingbar ist. Gerade für Deutsche, welche einen Aufenthalt in den VAE planen oder solche, welche Geschäftsbeziehungen mit Emiratis anstreben, ist dies eine wichtige Bedingung für ein erfolgreiches Zusammenarbeiten. Schließlich ist Deutschland als Exportland auch immer stärker auf neue Märkte angewiesen, wobei die VAE als boomender Markt besonders attraktiv für deutsche Unternehmen erscheint.

Teilnahme der Befragten an einem interkulturellen Vorbereitungsseminar

Unterschiede bei interkulturellen Vorbereitungsseminar

Mögliche Gründe für einen Misserfolg zwischen deutschen und arabischen Geschäftspartnern