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AUSGABE Nr. 4 Mai - Juni 2007

Burj Dubai
Only the Sky is the Limit

Mit dem Burj Dubai (Turm von Dubai) soll bis zum Jahr 2008 das höchste Gebäude der Welt entstehen. Das rekordverdächtige Vorhaben hat gute Chancen, einen Eintrag in das Guiness Buch der Rekorde zu erhalten. Über die genaue Höhe des Bauwerks wird noch spekuliert, doch es ragt schon jetzt hoch in den Himmel hinaus. Seit Weihnachten 2006 übertrumpft der Rohbau den 355 Meter hohen Emirates Office Tower, das bislang höchste Gebäude Dubais.

Die technischen Daten des Burj Dubai lesen sich, als stammten sie aus einem Science-Fiction-Roman. Über die exakten Ausmaße wird noch spekuliert, doch vermuten Experten nach Bauende eine Höhe von mindestens 700 Metern mit insgesamt 154 Stockwerken. Möglicherweise könnte das Gebäude bis auf 800 oder 900 Meter anwachsen und damit 175 Stockwerke umfassen. Selbst Angaben über 1.011 Meter und 216 Etagen wurden schon laut. Mit diesem medienwirksamen Verwirrspiel möchten die Bauherren die Spekulationen anheizen und so die Aufmerksamkeit noch deutlicher auf das Megaprojekt lenken. Bis jetzt wurde eine Höhe von 448 Metern erreicht. Fest im Blick das 508 Meter hohe Gebäude in Taiwan, der „Taipei 101“-Wolkenkratzer. Dieser gilt im Augenblick noch als höchstes Bauwerk der Welt, doch setzten die Erbauer des Burj Dubai alles daran, diesen Rekord in den nächsten Monaten zu brechen. Nimmt man den Kölner Dom mit seinen 157 Metern Höhe zum Vergleich, werden dem Betrachter die Ausmaße des Bauwerks bewusst. Mit Gesamtkosten von 8 Milliarden US-Dollar wird bis zur Fertigstellung gerechnet. Um das ehrgeizige Vorhaben zu verwirklichen, arbeiten tausende Helfer auf der 24-Stunden-Baustelle. In einem Dreischichtensystem wird rund um die Uhr gebaut. Kein geringer als der amerikanischen Stararchitekt Adrian Smith entwarf die Pläne und sorgte mit seinem futuristischen Modell schon vor dem ersten Spatenstich für großes Aufsehen.
Der 7.000 Quadratmeter große Grundriss des Wolkenkratzers wurde Y-förmig gestaltet. Allein für das Fundament wurden 45.000 Quadratmeter Beton mit einem Gewicht von 110.000 Tonnen verbaut. Halt sollen die 192 Pfeiler geben, die bis zu 50 Meter tief in den Wüstensand eingelassen wurden. Schließlich erhebt sich der Turm pyramidenartig aus seinem Sockel. Je höher das Bauwerk in den Himmel wächst, desto schmaler wird es nach oben hin; bis zur Spitze verjüngt sich der Turmschacht spiralförmig.
Nicht nur die extreme Höhe, sondern auch die klimatischen Bedingungen stellen die Ingenieure vor immer neue Herausforderungen: So müssen dem Beton Chemikalien beigemischt werden, damit er eine höhere Druckfestigkeit als normaler Beton aufweist, um so der extremen Belastung standzuhalten. Hinzu kommt, dass er aufgrund der hohen Tagestemperaturen nur bei Nacht verarbeitet werden kann; damit schließen die Bauherren eine Beschädigung des Materials aus. Auch müssen die Konstrukteure die starken Wüstenstürme dieser Region bedenken, denn je höher ein Gebäude ist, desto mehr bewegt es sich im Wind. In diesem Fall müssen die Architekten dafür Sorge tragen, dass die Bewohner der höheren Etagen keine Windbewegungen spüren.
Der Burj Dubai ist das einzige freistehende Gebäude weltweit in dieser Größe. Nach Fertigstellung soll er die Gestalt einer arabischen Wüstenblume mit sechs Blättern annehmen und über eine Geschossfläche von insgesamt 4.000.000 Quadratmetern verfügen. Eine beeindruckende Fassade aus Glas, reflektierendem Aluminium und Stahlbeton soll später den Turm verhüllen.
Prunkvoll wird ein Sechs-Sterne-Hotel die ersten 37 Etagen mit 403 Zimmern beziehen. Diesem schließen sich in den Stockwerken 38 bis 108 Appartements an, die laut offiziellen Angaben schon komplett verkauft wurden. Insgesamt sollen bis zu 3.000 Menschen in luxuriösen Wohnungen die Annehmlichkeiten des futuristischen Baus genießen. Eine Stadt in der Stadt - manch europäisches Dorf kann nicht diese Einwohnerzahl aufweisen, die zukünftig allein im Dubai-Turm leben sollen. Den Appartements folgen Büroetagen und großzügig angelegte Suiten. Eine Lobby befindet sich auf Etage 123, und die 124. Etage soll als Aussichtsplattform mit einer Außenterrasse genutzt werden, natürlich der höchsten der Welt. Für einen reibungsfreien Transport und die Versorgung von Bewohnern, Gästen und Angestellten sollen 54 Aufzüge sorgen. Diese sind so angelegt, dass der schnelle Doppelstockaufzug zur Überbrückung von 500 Metern nur 55 Sekunden benötigen wird – er transportiert somit die Fahrgäste mit einer Geschwindigkeit von 36 Kilometern in der Stunde in die Höhe.
Als selbstverständlich werden die Bewohner der oberen Stockwerke später ihre Wasserzufuhr betrachten. Spezielle Systeme sorgen dafür, dass auch in den höchsten Etagen die warme Dusche am Morgen gewährleistet wird. Weitere bauliche Herausforderungen müssen gemeistert werden: Es fallen bei einem Gebäude dieser Größe eine Million Liter Kondenswasser pro Jahr an. Dieses wird durch ein ausgefeiltes Sammelsystem aufgefangen und abgeleitet.
Der Bau des höchsten Gebäudes der Welt wird auch noch weitere Konsequenzen nach sich ziehen. Der Burj Dubai stellt sicher, dass sämtliche Nachbargebäude mit Blick auf den Koloss in der Miete erheblich steigen werden. Eine solche Entwicklung ist zum Beispiel aus Paris bekannt, dort wird für eine Wohnung mit Blick auf den Eifelturm wird gerne tief in die Tasche gegriffen. Unzählige Beispiele könnten folgen.
Doch der Turm entsteht nicht allein. Nach einem gut durchdachten Plan wird gleichzeitig ein ganzes Stadtgebiet um das neue Wahrzeichen gebaut. Mit einer geplanten Investitionssumme von 20 Milliarden US-Dollar soll der neue Distrikt aus dem Wüstenboden gestampft werden. Bis zu 500 Berater stehen den Planern zur Seite, und in der Hochphase des Gesamtprojekts sollen bis zu 20.000 Arbeiter beschäftigt werden. Somit entsteht nicht nur höchste Turm der Welt, sondern gleichzeitig auch noch die größte Bausstelle auf dem Globus.
Dubai leitet mit dem Bau des Burj Dubai ein neues Zeitalter der Superlative ein und erschafft sich ein beeindruckendes Denkmal. Bleibt zu hoffen, dass daraus kein neuer Turm zu Babel wird.