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AUSGABE Nr. 7 November - Dezember 2007

Libanon
Wo sich Orient und Okzident verbinden

Die Libanesische Republik ist ein Staat in Vorderasien und grenzt an die Nachbarländer Syrien und Israel und an das Mittelmeer. Libanon wird zu den Maschrek-Staaten gerechnet. Der Maschrek bezeichnet ein Gebiet im Nahen Osten, bestehend aus Ägypten, den Palästinensischen Autonomiegebieten, Jordanien, Libanon und Irak. Die Mehrheit der libanesischen Bevölkerung lebt in Großstädten. Aufgrund der starken Landflucht erfuhren Städte wie Beirut, Tripoli oder Zahlé einen gewaltigen Zustrom. Allein in der Hauptstadt Beirut leben 2,1 Millionen Menschen. Die Einwohnerzahl Libanons liegt bei 3.820.000, davon sind etwa 95 % arabischer, 4 % armenischer und 1 % anderer Abstammung. Allerdings sind alle Zahlen nur geschätzt, da es seit 1932 keine offizielle Volkszählung mehr gab. Die große Mehrheit der Libanesen spricht Arabisch, einen dem syrischen und dem palästinensischen Arabisch sehr ähnelnden Dialekt. Minderheiten sprechen Kurdisch, Armenisch und Aramäisch. Neben Arabisch ist auch Französisch als Verkehrs- und Elitesprache verbreitet. In den vergangenen Jahren kam Englisch als Drittsprache hinzu. Es gibt in Libanon 17 anerkannte Religionsgemeinschaften, dazu zählen die Sunniten, Maroniten und Schiiten.

Natur

Die Republik Libanon umfasst eine Fläche von 10.452 Quadratkilometern und ist damit nur halb so groß wie das Bundesland Hessen. Das Landschaftsbild ist sehr abwechslungsreich und lässt sich in vier Zonen unterteilen. Ein 225 Kilometer langer Küstenstreifen erstreckt sich vom Süden bis zum Norden des Landes. Die fruchtbare Bekaa-Ebene liegt im Regenschatten des Libanon-Gebirges und hat als Kornkammer des Landes wirtschaftliche Bedeutung. Durch künstliche Bewässerung eignet sich das Gebiet auch ideal zum Weinanbau. Hier liegen die bekannten Weingüter von Kafraiya und Kasra. Auch der berühmte Arak wird hier gebrannt. Der Antilibanon-Gebirgszug mit dem Berg Hermon, der eine Höhe von 2.814 Metern aufweist, bildet die Grenze zu Syrien. Ein weiterer Landschaftsteil ist das zerklüftete, steile Libanon-Gebirge, das bis zu 3.000 Meter hoch ist. Das Gebirge zieht sich von Norden nach Süden parallel zum Meer durch das Land. Die Landschaft hier zählt zu den schönsten im Mittelmeerraum. Pinien und Zedernwälder sowie Terrassenkulturen mit Olivenhainen und Obstgärten überziehen die Berge, die bis in den April hinein schneebedeckt sind. Damit ergibt sich für Besucher Libanons die Möglichkeit, morgens im Gebirge Ski zu fahren und nachmittags im Mittelmeer baden zu gehen.
Der längste Fluss des Landes ist der Hitani. Sein Verlauf erstreckt sich über 140 Kilometer und liegt vollständig auf libanesischem Staatsgebiet. So unterschiedlich wie die Landschaft gestaltet sich auch das Klima. An der Küste herrscht ein mediterranes Klima mit trockenen, warmen Sommern und regenreichen Wintermonaten. An der Grenze zu Syrien findet man sehr trockene Bedingungen, das so genannte Steppenklima, welches die Grenze zu den südlichen Wüstenregionen in Syrien und in Jordanien bildet. Im Gebirge fallen die meisten Niederschläge in den Wintermonaten, entsprechend der Höhe dann meistens in Form von Schnee. In Beirut liegen die Temperaturen bei durchschnittlich 18 Grad im Januar und 30 Grad in den Monaten Juli und August.

Politik

Am 26. November 1941 erklärte Libanon seine Unabhängigkeit von Frankreich. Zwei Jahre später, am 22. November 1943, fand die Wiedereinsetzung libanesischer Amtsträger statt. Bis heute wird dieses Datum als offizieller Unabhängigkeitstag gefeiert. Das Land blickt auf eine lange wirtschaftliche Tradition zurück. Dabei kommen Libanon seine liberale Wirtschaftsordnung und seine vielfältigen Verbindungen ins Ausland – vor allem aufgrund der zahlreichen Auslandslibanesen – zugute. Wegen seiner wirtschaftlichen Stabilität und politischen Neutralität in den Jahren 1949 bis 1969 wurde es auch als die Schweiz des Orients bezeichnet. Libanon war zudem Gründungsmitglied der Vereinten Nationen. Bei der Gründungsversammlung in San Francisco im Februar 1945 spielte der libanesische Delegierte Charles Malik neben Eleanor Roosevelt eine dominierende Rolle und verfasste wesentliche Teile der UN-Charta und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Wirtschaft

Der Bürgerkrieg von 1975 bis 1990 sowie politische Unruhen haben erhebliche wirtschaftliche Schäden verursacht und die Rolle Libanons als Drehscheibe für Handel und Dienstleistungen im Nahen Osten nachhaltig geschädigt. Die Nachkriegswirtschaft stand ab 1991 ganz im Zeichen des Wiederaufbaus. Insbesondere die Innenstadt von Beirut konnte so wiederhergestellt werden, dass Kriegszerstörungen heute kaum noch erkennbar sind. Das momentan größte Problem für die Wirtschaft des Landes ist die hohe Staatsverschuldung, die Ende 2005 einen Umfang von rund 38,5 Milliarden US-Dollar erreicht hatte. Dies entspricht etwa 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Libanon leidet zudem unter einem hohen Außenhandelsdefizit. Wichtigste Einfuhrgüter sind Öl, Maschinen, Chemikalien und Kraftfahrzeuge. Exportiert werden vor allem Vorprodukte aus der Schmuckindustrie.

Kultur

Stärker als in jedem anderen Land des Nahen Ostens mischen sich in Libanon Elemente orientalischer und europäischer Kulturen und Religionen. Als Heimat für Kultur- und Bildungseinrichtungen hat das Land eine lange Tradition. Nach den Bürgerkriegen unternimmt die libanesische Regierung heute große Anstrengungen, die Wiederbelebung des kulturellen Lebens voranzutreiben und das Land zur Drehscheibe für den kulturellen Austausch im Nahen Osten zu machen. Anstöße dazu kommen aus allen Bereichen der Gesellschaft, vor allem aus dem privaten und akademischen Bereich.
So findet seit 1998 wieder das renommierte Baalbek-Musikfestival mit internationaler Beteiligung statt. Im Jahr 1999 war Beirut die Kulturhauptstadt der arabischen Welt. In Deutschland präsentierte sich Libanon zuletzt auf der Frankfurter Buchmesse im Jahr 2004 mit einem vielseitigen und herausragenden Kulturprogramm. Das akademische Leben spielt sich in Libanon an über 40 Hochschulen und Universitäten ab, an denen insgesamt 120.000 Studenten eingeschrieben sind. Die renommiertesten unter ihnen sind die 1866 gegründete American University of Beirut, die Lebanese American University, die Université Saint Joseph und die Beirut Arab University. Die libanesischen Studienabschlüsse werden auch im Ausland anerkannt.

Deutsch-libanesische Beziehungen

Die Beziehungen zwischen Deutschland und Libanon sind traditionell freundschaftlich. Libanon ist ein kleiner, aber für die deutsche Wirtschaft interessanter Exportmarkt. Deutschland gehört zu den Haupthandelspartnern Libanons. Es lieferte im Jahr 2005 Güter im Wert von 657 Millionen US-Dollar an Libanon, das entspricht sieben Prozent aller libanesischen Importe. Bis Mitte 2006 stellte Deutschland im bilateralen Rahmen bislang ca. 42 Millionen Euro als zinsgünstige Kredite im Rahmen der finanziellen Zusammenarbeit zur Verfügung. In Anbetracht des Konfliktes vom Juli und August 2006 beschloss die Bundesregierung, dem libanesischen Volk zunächst mit humanitärer Hilfe und anschließend mit einem kurzfristigen Wiederaufbauprogramm zur Seite zu stehen. Schwerpunkte des deutschen Engagements sind Berufsbildung, Wasser- und Abwasserversorgung, Wirtschaftsförderung und Umweltschutz.
Wichtige Gebiete der kulturellen Zusammenarbeit sind neben dem Ausbildungs- und Hochschulbereich auch der Kulturerhalt und archäologische Forschungen. Ein bilaterales Kulturabkommen zwischen Deutschland und Libanon wurde am 9. April 2003 unterzeichnet. Zu den zahlreichen deutschen Kulturinstitutionen in Libanon zählen
das Goethe-Institut Beirut mit einer Außenstelle in Tripoli, das Orient-Institut der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, die Deutsch-Libanesische Vereinigung zur Förderung der Kultur in Jounieh sowie die Auslandsschulen mit verstärktem Deutschunterricht und Kindergarten in Doha und Jounieh.