Artikel:
AUSGABE Nr. 8 Januar - Februar 2008

Länderüberblick: Königreich Jordanien
Die Felsenstadt Petra sorgt für einen Tourismusboom

Die Geschichte Jordaniens liest sich wie ein Historienroman. Das kleine Land in Vorderasien mit seinen knapp 98.000 Quadratkilometern zählt zu den Mashrek-Staaten und grenzt als Mittelstaat an Syrien, den Irak, Saudi-Arabien, den Golf von Akaba, die palästinensischen Autonomiegebiete und Israel. Schon aus vorbiblischen Zeiten bekannt und berühmt, weist Jordanien noch heute bedeutende historische Städte auf. Besonders erwähnenswert ist die rote Felsenstadt Petra im Süden des Landes.

Das moderne Jordanien ist nicht weniger beeindruckend und wird von König Abdullah II. bin al-Hussein seit 1999 regiert. Ein bedeutendes Datum in der Geschichte Jordaniens ist der 25. Mai. Im Jahre 1946 erlangte das Königreich seine Unabhängigkeit von dem britischen Mandat und krönte Abdullah I. zum König. Mit Stolz wird noch heute der 25. Mai als Nationalfeiertag begangen. 2002 wurde die Hauptstadt Amman zu der kulturellen Hauptstadt aller arabischer Länder gewählt. Seit der Unabhängigkeit 1946 bemüht sich das Königreich um einen Ausgleich gegenüber allen angrenzenden Staaten. Der König ist bestrebt, sein Land in die Moderne zu führen und betreibt eine intensive Außenpolitik mit den westlichen Nationen. Von den etwa 5,3 Millionen Einwohnern leben knapp 40 Prozent in der Hauptstadt Amman. Als Landessprache ist Arabisch verbreitet, wobei Englisch als Verkehrssprache eingesetzt wird. Jordanien ist eine konstitutionelle Monarchie der haschemitischen Dynastie. Dabei ist der König das Staatsoberhaupt sowie der Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er ernennt den Ministerpräsidenten und den Ministerrat.

Natur

Geographisch hat Jordanien einige Besonderheiten aufzuweisen. Anmutig erheben sich die Gebirgsketten des Westjordanlands und erreichen Höhen von bis zu 1.000 Metern; einzigartig fällt der Jordangraben 385 Meter unter den Meeresspiegel und bildet im Toten Meer den tiefsten Punkt der Erde. Zerklüftet und steil ragt schließlich das ostjordanische Bergland mit der höchsten Erhebung des Landes, dem Jabal Ramm, 1.754 Metern in den Himmel. Im Norden des Königreichs befindet sich das Gilead-Gebirge, auf dessen Höhen die Hauptstadt Amman und die Nachbarstädte Zaraq und Irbid liegen. Ausgedehnte Wüstenflächen bedecken fast zwei Drittel Jordaniens.
Klimatisch teilt sich das Land in zwei große Bereiche: Ein mediterranes Gebiet im Nordwesten mit sehr heißen und trockenen Sommern, die von kühlen und feuchten Wintern abgelöst werden. Die Niederschlagsmenge kann sich – je nach Jahr – auf bis zu 800 mm belaufen. Im Gegensatz dazu herrscht im Osten und Süden ein trockenes kontinentales Wüstenklima mit sehr geringen Niederschlagsmengen. Dementsprechend ist die Vegetation in diesem Bereich eher spärlich. Obwohl das Land ursprünglich stark bewaldet war, sind heute nur noch etwas 5 Quadratkilometer Forst zu finden. Die Tierwelt ist jedoch recht vielfältig vertreten, so leben hier unter anderem landestypische Greifvögel wie Geier und Steinadler, Gazellen und Wölfen.

Wirtschaft

Die jordanische Wirtschaft befindet sich seit Jahren in einer Krise. Steigende Arbeitslosenzahlen durch eine fortschreitende Konkurswelle ansässiger Unternehmen sind ein Grund für die ökonomischen Probleme des Landes. Zusätzlich bereitet die politische Situation der Nachbarländer Jordanien große Sorgen. So wurde das Königreich durch die US-Sanktionen gegen den Irak in Mitleidenschaft gezogen. Vor dem Golfkrieg machten die Handelsbeziehungen zu dem Nachbarn gut zwei Fünftel der Gesamthandelsübersicht aus.
Wirtschaftlichen Aufschwung soll die Entstehung einer Freihandelszone ermöglichen. Schon 1997 wurde eine Teilhaberschaftsvereinbarung zwischen Jordanien und der EU abgeschlossen, die die Errichtung einer Freihandelszone bis zum Jahr 2010 begünstigt.
Doch Jordaniens Bestrebungen gehen weiter. König Abdullah II. bin al-Hussein möchte der WTO, der Welthandelsorganisation, beitreten. Durch das Inkrafttreten eines Teilhaberschaftsabkommens mit der EU stehen die Chancen für die Aufnahme in die WTO recht gut.
Jordaniens Agrarwirtschaft ist schlecht entwickelt, da nur fünf Prozent der Gesamtfläche landwirtschaftlich nutzbar sind. Im Gegensatz dazu machen der Abbau von Phosphat und dessen Weiterverarbeitung zu Düngemittel einen großen Wirtschaftszweig aus. Neben Zement- und chemischer Industrie findet man in Jordanien auch eine Erdölraffinerie, die Rohöl des Nachbarstaates Saudi-Arabien weiterverarbeitet. Das eigene Ölvorkommen ist nicht nennenswert.
Deutschland ist der wichtigste europäische Handelspartner des Königreichs. Geliefert werden Fahrzeuge, Nahrungsmittel, chemische Produkte und Maschinen. Im Gegenzug dazu exportiert Jordanien Kleidung, hauptsächlich aus Baumwolle, sowie Speise- und Industriesalz.

Kultur

Der kulturhistorische Bereich Jordaniens ist für Archäologieliebhaber ein Muss. Versteckt hinter einer Felsenspalte war die Stadt Petra mehrere Jahrhunderte in Vergessenheit geraten. Erst 1812 entdeckte der Schweizer Orientreisende Johann Ludwig Burckhardt die monumentalen Bauwerke wieder. In der Antike war Petra die Hauptstadt der Nabatäer. Sie galt als wichtige Handelsmetropole des arabischen Raums, denn hier kreuzten sich die Routen der Karawanen aus Asien und Afrika. Sie brachten Weihrauch und Myrrhe aus Arabien, Gewürze und Seide aus Indien sowie Felle und Elfenbein aus Afrika durch die Wüste nach Europa.
Die Stadt liegt in einem Tal, das sich wie ein Labyrinth durch zerklüftete Berglandschaften schlängelt. Die direkt in den Fels geschlagenen Gebäude mit ihren atemberaubenden Fassaden versetzen noch heute ihre Betrachter in Erstaunen. Petra gilt seit der Wiederentdeckung als kostbares Gut für Archäologen, Geologen, Historiker, Anthropologen und Naturwissenschaftler. Das wohl bekannteste Monument ist das Schatzhaus, dessen Fassade 40 Meter in die Höhe ragt und sich über 30 Meter erstreckt. Historikern zufolge wurde das Monument im 1. Jahrhundert vor Chr. als Grabmal erschaffen und soll später als Tempel gedient haben. Die überwältigende Schönheit Petras und ihre epochale Bedeutung verhalfen der Felsenstadt 2007 zu einem Platz auf der Liste der unter den Sieben Weltwunder der Moderne. So reiht sie sich neben Chichén Itzá in Mexiko, der Großen Mauer in China, Cristo Redentor (der Christusstatue von Rio de Janeiro) in Brasilien, dem Kolosseum in Rom, Machu Picchu in Peru und dem Taj Mahal in Indien in die Liste historischer Bauwerke ein.
Petra liegt vier Stunden von Jordaniens Hauptstadt Amman entfernt, ein Besuch sollte als mehrtägiger Aufenthalt eingeplant werden. Die Höhepunkte der archäologischen Stätte sind neben dem eindrucksvollen Schatzhaus das Obeliskengrab und das Triklinium im Bab as-Siq, der hohe Opferplatz, die Fassadenstraße und das Theater, diverse Grabstädten, die in den Fels gemeißelt wurden, und eine Säulenstraße. Die Nabatäer kombinierten unterschiedliche Stilrichtungen mit ihren eigenen Baumerkmalen zu unvergessenen Denkmälern. In Petra weht der Geist der Antike und lässt den Jordanienaufenthalt zu einem unvergesslichen kulturellen Erlebnis werden.
Die jahrtausendealte Felsenstadt Petra oder das antike Gerasa, die Zitadelle von Amman oder die Mosaiken von Madaba gehören zu den touristischen und wissenschaftlichen Attraktionen des Landes.
Jordanien verfügt zusätzlich über Naturdenkmäler wie die Wüstenlandschaft von Wadi Rum und über den tiefsten Punkt der Erde, im Toten Meer. Besucher des Toten Meeres schwören auf dessen heilende Kräfte. Sporttaucher können ihrem Hobby bei Akabe im Roten Meer nachgehen und die Vielfalt der Unterwasserwelt bewundern.

Beziehungen zu Deutschland

Die politischen Beziehungen zu Deutschland sind freundschaftlich und seit vielen Jahren sehr eng. Regelmäßige Besuche des jeweiligen deutschen Außenministers und Gegenbesuche König Abdullahs II. stärken die Freundschaft zwischen den beiden Ländern. Zusätzlich reisen jedes Jahr mehrere Abgeordnete des deutschen Bundestages nach Jordanien. Großes Augenmerk wird auf die Entwicklungszusammenarbeit zwischen Deutschland und Jordanien gelegt. Hauptziele sind die Armutsbekämpfung, Unterstützung bei der Finanzreform, Kooperationen im Wassersektor und die Förderung des Grundschulbaus. In den Jahren 2004 und 2005 gehörte Deutschland neben den USA und Japan zu den größten Geldgebern Jordaniens.
Im wissenschaftlichen Bereich pflegen gerade jordanische Universitäten und Forschungseinrichtungen eine enge Beziehung und einen bewegten Austausch mit Deutschland. Zahlreiche Stipendien verhelfen jedes Jahr jordanischen Studenten zu einem Aufenthalt in Deutschland. 2005 wurde die in Amman ansässige Deutsch-Jordanische Fachhochschule eröffnet.
Auch im archäologischen Bereich arbeiten die Bundesrepublik Deutschland und das Königreich eng zusammen. Zurzeit gibt es viele gemeinsame Grabungsprojekte. Die Ausstellung „Gesichter des Orients. 10.000 Jahre Kunst und Kultur Jordaniens“ war von 2004 bis 2005 sowohl in Berlin als auch in Bonn zu sehen. Mit einer Besucherzahl von 150.000 Gästen war dies die größte Ausstellung weltweit über das Königreich Jordanien.