Artikel:
AUSGABE Nr. 16 Mai - Juni 2009

Sonderbericht: Gesundheitswesen VAE
Starker Wachstumsmarkt mit großen Ambitionen

Die Gesundheitspolitik in den VAE ist klar auf Wachstum und Fortschritt ausgerichtet. So soll eine Qualitätsverbesserung in allen Bereichen gewährleistet werden, einerseits durch die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern und andererseits durch die Ausbildung von einheimischem Personal. Die Emirate Abu Dhabi und Dubai wollen sich dementsprechend auch mittelfristig als Destinationen für den Medizin- und Wellnesstourismus etablieren. Erste Projekte wie „Healthcare City“ in Dubai, „Imperial College London Diabetes Centre“ und „Cleveland Clinic“ in Abu Dhabi sollen das Vertrauen der Bevölkerung in den eigenen Gesundheitsmarkt aufbauen. Bisher gab die Regierung der VAE jährlich rund zwei Milliarden US-Dollar für die Behandlung einheimischer Patienten im westlichen Ausland aus. Allein die deutschen Behörden stellen jährlich tausende Visa für medizinische Behandlungen aus – ein Riesengeschäft für deutsche Kliniken, Spezialisten und Serviceanbieter. Doch die bisherige Subventionierung der Auslandsbehandlung soll nun schrittweise durch das Angebot modernster medizinischer Dienstleistungen vor Ort ersetzt werden. Dafür sollen bis zum Jahr 2010 die Ausgaben für das Gesundheitswesen von aktuell 2,9 Prozent auf 6,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht werden. Ausländische Anbieter werden sich in Zukunft also stärker um eine permanente Präsenz vor Ort bemühen müssen, um sich erfolgreich im stark wachsenden Gesundheitsmarkt der VAE zu positionieren.

Kosten und Ausgaben

Der Gesundheitssektor in den VAE ist im Vergleich zu den anderen GCC-Staaten (Gulf Cooperation Council) am weitesten entwickelt. Die Ausgaben für das Gesundheitswesen pro Kopf betrugen im Jahr 2007 820 US-Dollar.  Doch im weltweiten Vergleich rangieren die VAE mit Ausgaben für das Gesundheitswesen in Höhe von 2,9 Prozent des Bruttosozialprodukts nur auf Platz 19 der WHO-Statistik für Nicht-Entwicklungsländer. Dieser Prozentsatz entsprach 2007 etwa 4,5 Milliarden US-Dollar.  Bis zum Jahr 2020 plant die Regierung eine jährliche Steigerung der Ausgaben um 14 Prozent. Experten gehen davon aus, dass aktuell in allen GCC-Staaten zirka 13 Milliarden US-Dollar für das Gesundheitswesen veranschlagt werden, dieser Wert wird wahrscheinlich bis 2025 auf 68 Milliarden US-Dollar steigen.

Health Care Expenditures Source: World Health Organisation, World Health Statistics 2007.

Nachfrage- und Angebotsanalyse

Fest steht, dass sich das Gesundheitssystem in den VAE im Laufe der letzten 20 Jahre entscheidend verbessert hat. Dennoch sind viele Bewohner mit der Verfügbarkeit und Qualität der medizinischen Versorgung in Regierungskrankenhäusern und privaten Kliniken unzufrieden. Einer von McKinsey durchgeführten Studie zufolge sagten 600 von 820 Patienten, dass  die VAE nicht in der Lage seien, erstklassige Gesundheitsdienste anzubieten. Nichteinhaltung von  Terminen und lange Wartezeiten sind nur kleinere Probleme. Umfrageteilnehmer berichteten von schlechten Erfahrungen mit Krankenhäusern aufgrund von unattraktiver und unbequemer Einrichtung,  mangelhafter Ausstattung und ungerechter Behandlung. Es wird erwartet, dass sich die Bevölkerung in den VAE in den nächsten 25 Jahren verdoppelt und dass die Anzahl von Menschen mit einer Lebenserwartung von mehr als 65 Jahren kontinuierlich steigt. Die Weltgesundheitsorganisation sagt auch eine Zunahme der Anzahl von Patienten mit Herzkrankheiten und weiteren vom Lebensstil (mangelnde Bewegung, einseitige Ernährung) bedingten Krankheiten voraus.

Akuter Personalmangel

Der Gesundheitssektor in den VAE leidet an großem Mangel  von qualifizierten Krankenschwestern und Fachärzten. Dieses Problem wird zu einer Schlüsselherausforderung für die VAE.  Die Forderungen und Ansprüche an qualifizierte Krankenschwestern und Spezialisten nehmen immer mehr zu. Es wird erwartet, dass der oben erwähnte Mangel an qualifiziertem Personal noch weiter zunehmen wird. Momentan stammt die Mehrheit des medizinischen Personals aus Indien und von den Philippinen. Einheimische Ärzte sind in der absoluten Minderheit. So herrscht auch in den Krankenhäusern ein bunter Nationalitäten-Mix und die Regierung steht vor der Aufgabe, Einrichtungen zur Aus-, Fort- und Weiterbildung für medizinisches Personal zu schaffen.

Fazit

Die VAE  haben sich als wirtschaftliches, finanzielles und kulturelles Zentrum der Golfregion etabliert. Das Land mit den Metropolen Abu Dhabi und Dubai steckt voller neuer Ideen und Konzepte. Die Regierung hat bereits vor vielen Jahren die Rahmenbedingungen für eine liberale Wirtschaft geschaffen, wodurch sich besonders Dubai zum Handelszentrum und Tor zu Schwellenmärkten wie Südostasien und Nordafrika entwickeln konnte. Dubai und Abu Dhabi sind gleichzeitig moderne und erfolgreiche Geschäftszentren und Tourismusdestinationen.

Doch die Emirate investieren weniger in das Gesundheitssystem, als man von einem reichen Land annehmen würde. Momentan sieht sich die VAE-Regierung mit folgenden Problemen konfrontiert: eine wachsende und immer älter werdende Bevölkerung; Budgeteinschränkungen; sinkende Servicequalität und höhere Verwaltungs- und Gemeinkosten. Grundlegende Veränderungen im Gesundheitssektor, verbunden mit einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit bestehender Einrichtungen, sind die notwendige Konsequenz.