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AUSGABE Nr. 23 Juli / August 2010

Die Vereinigten Arabischen Emirate im Überblick
Teil VI: Ajman

Zentrum der traditionellen Dhow-Produktion

Ajman ist das kleinste der sieben Emirate und nimmt mit 259 Quadratkilometern nur 0,3 Prozent der gesamten Landesoberfläche ein. Die Einwohnerzahl im Emirat Ajman betrug in den 1980er Jahren gerade einmal 36.000, vervielfachte sich jedoch in den folgenden Jahrzehnten aufgrund von Einwandererströmen aus dem Ausland sowie aus den nahegelegenen Emiraten Dubai und Sharjah. Besonders Bewohner der Nachbaremirate werden von den niedrigeren Immobilienpreisen und Lebenshaltungskosten nach Ajman gelockt. Allein im letzten Jahr sind die Mietpreise um mehr als 40 Prozent gefallen, wie aus Daten der Stadtverwaltung hervorgeht. Inzwischen zählt das Emirat rund 361.000 Einwohner, 95 Prozent von ihnen leben in der Hauptstadt selbst. Ajman ist landwärts vollständig vom Emirat Sharjah eingeschlossen. Es verwaltet jedoch auch die beiden im Inland liegenden, weitgehend von Landwirtschaft geprägten Enklaven Masfut und Manama. Das bescheidene kleine Emirat wartet mit entspannter Atmosphäre, einer herzlichen einheimischen Bevölkerung und hübschen, palmengesäumten Stränden auf. Damit grenzt sich Ajman deutlich von den geschäftigeren und überfüllteren Emiraten wie Dubai ab. Nichtsdestotrotz entwickelt sich aber auch hier mit renommierten Hotels eine exklusive und gleichzeitig  friedlich-gelassene Szene für Luxusreisende.

NATUR & KLIMA

Das Emirat Ajman liegt nur wenige Kilometer nordöstlich von Sharjah. Sein Gebiet unterteilt sich in drei, etwa gleich große Flächen: Am bedeutendsten ist das Gebiet an dem 16 Kilometer langen Küstenstreifen am Arabischen Golf zwischen Umm Al Quwain und Sharjah-Stadt, das die Hauptstadt Ajman-Stadt beherbergt und sich von dort aus etwas ins Hinterland erstreckt. Die beiden anderen Teile sind die Enklaven Manama und Masfut, die 60 beziehungsweise 110 Kilometer von der Hauptstadt Ajman entfernt im Inland liegen.
Die Wüste bestimmt das Klima des Scheichtums Ajman. In den Sommermonaten klettern die Temperaturen zeitweise auf bis fast 50 Grad, gleichzeitig kann es in den Nächten jedoch überraschend kalt werden. In den Wintermonaten ist das Klima weitaus gemäßigter, was die Monate Oktober bis März zur idealen Reisezeit macht.

GESCHICHTE

Die Geschichte Ajmans ist weitgehend mit der Sharjahs identisch. Erst 1820 löste es sich unter Sheikh Rashid Bin Humaid Al Nuaimi vom Nachbaremirat. Um sich vor einer Eingliederung in das osmanische Reich zu schützen, unterschrieb Scheich Rashid noch im selben Jahr einen Friedensvertrag, der das Emirat unter britisches Protektorat stellte. 1971 trat Ajman der Staatenföderation der Vereinigten Arabischen Emirate bei. Seit 1981 regiert Humaid Bin Rashid Al Nuaimi das Emirat Ajman.

AJMAN-STADT

Die Stadt Ajman war ehemals ein ruhiger Ort mit einem schönen, 16 Kilometer langen weißen Sandstrand. Wie auch die anderen Emirate durchläuft es jedoch seit einigen Jahren eine rasante Entwicklung. Die Hauptstadt liegt auf einer Halbinsel zwischen dem Arabischen Golf und dem Meeresarm Khor Ajman, der nördlich ins Land einschneidet. Kleine Läden säumen die Straßen des Zetrums. Ajmans zentraler Platz mit der alten Festung, in der heute ein Museum untergebracht ist, liegt in Laufnähe zu Hotels, Restaurants und der Küste.
Die 1988 gegründete Ajman University of Science and Technology (AUST) möchte nach eigenen Angaben dazu beitragen, Bildung aktiv in die Gesellschaft zu integrieren. Sie hat es sich dabei zum Ziel gesetzt, dem Streben nach Fortschritt und Modernisierung die nationale Kultur, Tradition und Identität nicht zum Opfer fallen zu lassen.

WIRTSCHAFT

Ajman-Stadt ist mit einem natürlichen Hafen gesegnet. Traditionelle und moderne Fischerei sowie der Dhow-Bau sind wichtige Stützpfeiler der lokalen Wirtschaft. Ajman ist das ärmste Emirat, da es keine eigenen Ölvorräte besitzt und auch kaum Landwirtschaft möglich ist. Das Scheichtum verfügt zwar über Kupfer- und Eisenvorkommen, deren Abbau befindet sich jedoch noch in den Anfängen. Bislang bringt lediglich der Handel dem Emirat einige eigene Einkünfte. Daher ist Ajman weitgehend von Subventionen abhängig, die von Abu Dhabi verteilt werden.
Nach Dubai war Ajman das zweite Emirat, das Grundbesitz für Ausländer zuließ. Als momentan einziges Emirat erlaubt Ajman Angehörigen jeglicher Nationalität das hundertprozentige Eigentum von Immobilien und zog damit bereits eine große Zahl von Investoren aus dem In- und Ausland an. Mit dem Kapital, das diese mit sich bringen, wurde es der Regierung von Ajman möglich, etliche Entwicklungsprojekte anzugehen. Allerdings sind auch hier viele Immobilienprojekte im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise im Wüstensand versunken. Deutliches Beispiel dafür sind die verlassenen Bauruinen an der Emirates Road.
Der Tourismus steckt in Ajman noch weitgehend in den Kinderschuhen. Dennoch versucht das Emirat, mit der Eröffnung mehrerer Hotels Anschluss an den internationalen Badetourismus zu gewinnen, denn schließlich verfügt das Scheichtum mit seinem breiten und feinsandigen Küstenstreifen über einen der schönsten Strände der VAE. So bietet das „Kempinski Hotel Ajman“ einen halben Kilometer Privatstrand mit feinstem weißen Sand und azurblauem Wasser, der von vielen Gästen als der schönste Strand der Emirate gelobt wird.
Ajman besitzt, wie schon erwähnt, zwei Enklaven, in denen hauptsächlich Landwirtschaft betrieben wird. Masfut ist 110 Kilometer südöstlich der Stadt Ajman in den Hajar-Gebirgen in der Nähe der omanischen Grenze gelegen. Dort erfolgt neben der Landwirtschaft auch der Marmorabbau. Die Oasensiedlung Manama liegt etwa 60 Kilometer östlich von Ajman-Stadt.

ARCHÄOLOGIE UND SCHIFFFAHRT

Mowaihat ist eine archäologische Stätte am äußersten Rand von Ajman. Im Jahre 1986 entdeckten Arbeiter der Stadt beim Verlegen einer neuen Abwasserleitung ein kreisförmiges Grab mit 8,25 Metern Radius, das auf 2500 bis 2000 v. Chr. datiert wird und den Gräbern in Umm Al Nar gleicht. Eine Ausgrabung rettete zahlreiche Objekte teils bemalter Weichstein- und Keramik-Gefäße sowie über 3,000 Perlen, zwei Stempelsiegel, eine stattliche Anzahl von Kupfergerätschaften und die Überreste von mehr als einem Dutzend menschlicher Skelette. Zum Zeitpunkt seiner Entdeckung stellte das Mowaihat-Grab den ersten Beweis für eine Bevölkerung der nördlichen Emirate während der Umm Al Nar-Periode (2600 bis 200 v. Chr.) dar. Darauffolgende Ausgrabungen haben mittlerweile andere bedeutende Zentren dieser Periode an der Golfküste freigelegt, darunter Al Sofouh, Tell Abraq und Shimal. Die in Mowaihat gefundenen Objekte stellen den Großteil der archäologischen Exponate im Ajman-Museum dar.
Das faszinierende Museum von Ajman wurde 1981 in der hübschen, aus dem 18. Jahrhundert stammenden Festung eröffnet. Die Festung diente dem Herrscher des Emirats bis 1970 als Palast und Regierungsstätte, danach wurde es zur Hauptpolizeistation. Das im Stadtzentrum gelegene Museum beherbergt eine interessante Sammlung archäologischer Artefakte, Manuskripte, alter Waffen und rekonstruierter Szenen aus dem traditionellen Leben der einheimischen Bevölkerung.
Ajman gilt als Mittelpunkt des Bootsbaus in den VAE. Nur wenige Kilometer von der Stadtmitte auf der Nordseite des Creek gelegen, befindet sich das Zentrum für den Dhow-Bau, das zu den attraktivsten im ganzen Land gehört und zweifellos einen Besuch verdient hat.