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AUSGABE Nr. 24 September / Oktober 2010

Die Vereinigten Arabischen Emirate im Überblick
Teil VII: Umm Al Quwain - Eldorado für Outdoor-Sportfans

Umm Al Quwain nimmt mit 777 Quadratkilometern nur ein Prozent der gesamten Landesfläche ein und hat mit 66.000 Einwohnern die geringste Bevölkerung unter den sieben Emiraten. Vor allem für seine üppige Flora und Fauna bekannt, bietet das kleine Scheichtum darüber hinaus optimale Bedingungen für Wassersport und zahlreiche andere Freizeitaktivitäten. Landschaftlich populär ist die Lagune von Umm Al Quwain, die mit ihren von Natur aus grünen Inseln mehrere Quadratkilometer nicht verschmutzte Wasseroberfläche einschließt - ganz ohne die Gefahren der rauen offenen See. Der Name Umm Al Quwain ist abgeleitet von der arabischen Bezeichnung für „Mutter der zwei Mächte“ und entstand in Anlehnung an die mächtige Seefahrertradition des Emirats.

NATUR & KLIMA
Das winzige Emirat liegt an der Westküste der Staatenföderation am Arabischen Golf und erstreckt sich zirka 32 Kilometer ins Landesinnere. Im Südwesten wird Umm Al Quwain von Sharjah und im Nordosten von Ras Al Khaimah begrenzt. Das Emirat Ajman liegt etwa 20 Autominuten entfernt. Umm Al Quwain besteht aus einem zusammenhängenden Territorium und nicht aus unterschiedlich gelegenen Landesteilen wie seine Nachbarn.
Das Landschaftsbild des zweitkleinsten Emirats ist vielfältig und reicht von üppig grünen Mangrovenwäldern an der Küste über die majestätischen Sanddünen der Wüste landeinwärts bis hin zu der fruchtbaren Oase, die die Stadt Falaj Al Mu’alla im Hinterland umgibt. 50 Kilometer südöstlich von der Stadt Umm Al Quwain gelegen, stellt diese Oase das landwirtschaftliche Herz des Emirats dar. Die Insel Seneyah, die sich einen Kilometer vor der Küste von Umm Al Quwain-Stadt im Arabischen Golf befindet, ist ein Naturreservat für eine überwältigende Anzahl von Vögeln, Gazellen und Al Qaram-Bäumen. Mit 90 Quadratkilometern ist sie die größte von sieben östlich des Festlandes gelegenen Inseln.
Das Klima in Umm Al Quwain unterscheidet sich kaum von dem in den restlichen Emiraten an der Nordküste. In den Wintermonaten zwischen November und März beträgt die Durchschnittstemperatur tagsüber 26 Grad, nachts sinkt sie auf 15 Grad. Im Sommer hingegen werden Temperaturen von über 40 Grad bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit gemessen. Niederschläge sind mit durchschnittlich 42 Millimetern pro Jahr minimal. Während eines Großteils des Jahres jedoch kommen in Umm Al Quwain am Tag, dank seiner Küstenlage, kühlende Seebrisen auf.

GESCHICHTE
Die neuere Geschichte des Emirats reicht etwa 200 Jahre zurück. Mitte des 18. Jahrhunderts verlegte der Al Ali-Stamm seine Hauptstadt von Al Seneyah an ihren jetzigen Standort, nachdem auf der dem Festland vorgelagerten Insel die Süßwasserreserven aufgebraucht waren. Das unabhängige Scheichtum Umm Al Quwain wurde 1775 von Sheikh Majid Al Mu’alla, dem Oberhaupt der Al Mu’alla-Familie, einer Linie des Al Ali-Stammes, gegründet. 1820 unterschrieb der regierende Scheich Abdullah Bin Rashid Al Mu’alla einen Protektoratsvertrag mit Großbritannien, um die osmanischen Türken aus seinem Land herauszuhalten. Umm Al Quwain ist eines der sechs Gründungsmitglieder der VAE, der am 2. Dezember 1971 ins Leben gerufenen Staatenföderation. Im Januar 2009 übernahm Scheich Saud Bin Raschid Al Mu'alla die Regierungsgeschäfte.

UMM AL QUWAIN-STADT
Die gleichnamige Hauptstadt von Umm Al Quwain befindet sich auf einer schmalen Halbinsel entlang einer Bucht, die von Inseln auf beiden Seiten umsäumt ist. Diese Bucht, die Khor Al Baidah genannt wird, ermöglicht neben der Vogelbeobachtung auch die besten Sportsegelmöglichkeiten in den VAE. Khor Umm Al Quwain ist der breite Meeresarm, der die Halbinsel umgibt und sich fünf Kilometer weit ins Landesinnere erstreckt. Die Altstadt und das Geschäftsviertel liegen am nördlichen Zipfel der Halbinsel, entlang der King Faisal-Straße. Die Stadt nennt stolze sieben Festungen ihr Eigen, von denen eine - ihr Eingangstor wird von imposanten Kanonen flankiert - renoviert wurde und inzwischen ein Museum beherbergt. Des Weiteren befinden sich in der Hauptstadt neben Firmen, Banken und kleineren Märkten auch das Regierungsgebäude sowie der Seehafen und das Forschungszentrum für Fischzucht, das eine tragende Rolle bei der Entwicklung der Fischerei im ganzen Land spielt. Während der letzten Jahre hat die Stadt Umm Al Quwain vor allem im Baubereich eine rasante Entwicklung durchlaufen. Zahlreiche Gebäude, Straßen und Parks wurden errichtet. Die Stadt ist nun ein durch ein gut ausgebautes Straßennetz mit den kleinen Dörfern im Landesinneren verbunden, die für die Beduinenbevölkerung im traditionellen Stil konstruiert wurden.

WIRTSCHAFT
Noch heute sind in Umm Al Quwain die traditionellen Wirtschaftszweige Fischerei, Bootsbau (Dhows) und Dattelanbau von besonderer Bedeutung. Ein modernes Forschungszentrum für Fischzucht und Marikultur sowie die 1998 errichtete Freihandelszone beschleunigten jedoch die Entwicklung des Emirats. Landwirtschaft konzentriert sich in und um die Stadt Falaj Al Mu’alla im Süden des Landes.
Gegenwärtig ist der Tourismus ein weiterer, an Bedeutung zunehmender Sektor. Attraktionen sind dabei der Freizeitpark „ Dreamland Aqua Park“ und die zum Naturschutzgebiet erklärte Insel Seneyah. Der Dreamland Aqua Park bietet Freizeitspaß für die ganze Familie auf 250.000 Quadratmetern. Neben 25 verschiedenen Wasserrutschen werden dem Besucher noch eine Go-Kart-Bahn, ein Amphitheater und eine Video-Spiele-Zone angeboten. Besonders beliebt sind das Wellenbecken „Wave Pool“ sowie „Dead Sea“, ein Swimming Pool mit hohem Salzgehalt für das einmalige Gefühl, sich wie auf dem Toten Meer treiben zu lassen. Des Weiteren befinden sich zahlreiche Restaurants, Snackbars und einige Geschäfte auf dem Gelände.
Umm Al Quwain besticht auch durch seine langen, sauberen Strände, die eingeschlossene Lagune sowie zahlreiche öffentliche Pferdeställe – um nur einige Beispiele der zahlreichen möglichen Aktivitäten für Outdoor- und Sportbegeisterte zu nennen. In der Tat gilt das winzige Emirat als einer der am schnellsten wachsenden Hotspots für Extremsportarten im Wasser, auf Land und in der Luft. Wasserratten können zwischen Segeln, Windsurfen, Wasser-Ski, Kajak, Jetski und vielen anderen Angeboten auswählen. Autofans dürfen im „Umm Al Quwain Motor Racing Club“ in der Nähe des Dreamland Aqua Park den Nervenkitzel von Offroad Dune-Buggy-Rennen oder Motor Hiking in speziell dafür gebauten Arenen erleben. Für noch abenteuerlustigere Besucher bietet der „Umm Al Quwain Aeroclub“ Möglichkeiten zu Motorflügen, Heißluftballonfahrten, zum Skydiving, Fallschirmspringen und Paramotoring an. Die Drei-Sterne-Hotels „Flamingo Beach Resort“ und „Barracuda Beach Resort“ haben auch preiswerte Optionen für entspannten Familienurlaub. Nachtclubs und Diskotheken sind in Umm Al Quwain seit 01.05.2009 nicht mehr erlaubt, dadurch findet man in Hotels und in der Stadt mehr Ruhe und weniger Lärmbelästigung.
Die Firma „Tameer Holding“ lancierte im Jahr 2005 ein gigantisches Bauprojekt mit dem Namen „Al Salam City“ in Umm Al Quwain. Das 30 Milliarden Dirham - Vorhaben soll auf einer Fläche von 220 Millionen Quadratmetern Wohnraum für eine halbe Million Menschen schaffen. Verschiedene Wohn- und Geschäftsbezirke sollen Al Salam City zu einer Drehscheibe für kommerzielle und nicht-kommerzielle Aktivitäten machen. Das Mammutprojekt beinhaltet ebenfalls die Errichtung von Parkanlagen, Spielplätzen, Unterhaltungs- und Einkaufszentren. Schon allein aufgrund seines Finanzierungsvolumens stellt Al Salam City, das in drei Phasen über eine Zeitspanne von 15 Jahren realisiert werden soll, einen wesentlichen Teil der Immobilienvorhaben im Emirat Umm Al Quwain dar. Momentan scheint die Mega-Baustelle allerdings im Wüstensand zu versinken. Offensichtlich wurden schon seit längerer Zeit alle Bauaktivitäten eingestellt.

ZWISCHEN TRADITION UND MODERNE
Abseits von Dreamland Waterpark und anderen action-geladenen Freizeitattraktionen ist in Umm Al Quwain auch das traditionelle Gesicht der arabischen Halbinsel sehr gut erhalten geblieben. Besuchern bietet sich hier die Möglichkeit, das zu erleben, was den Emiraten der „pre-oil days“ noch am nächsten ähnlich ist.
Die Hauptattraktion im verschlafenen Fischerstädtchen Umm Al Quwain ist die Festung, die auf einer Seite dem Meer und auf der anderen dem Meeresarm Khor Umm Al Quwain zugewandt ist. Als ältestes Gebäude in Umm Al Quwain beschützte sie früher den Eingang zur Altstadt und diente der Herrscherfamilie von 1768 bis 1969 als Residenz und Regierungszentrum. Später wurde sie zeitweise als Polizeihauptquartier genutzt. Heute ist in der renovierten Festung, die aus Küchen und Stauräumen im unteren, sowie Majlis-Räumen (Empfangshallen) und Bädern im oberen Stockwerk besteht, ein Museum untergebracht. Die Empfangshallen sind durch die hohe Decke und geschnitzte Holzbalkone besonders attraktiv. Des Weiteren vermitteln archäologische Artefakte bedeutender Ausgrabungsorte aus der Umgebung spannende Einblicke in vergangene Zeiten.
Weitaus lohnenswerter als herkömmliche Touristenattraktionen wie Museen und bekannte Sehenswürdigkeiten ist in Umm Al Quwain jedoch die Natur selbst. Auf der Insel Seneyah ist die größte Kolonie von Socotra-Kormoranen der Emiratezu Hause. Mit über 15.000 Paaren ist sie vermutlich die drittgrößte Kormoran-Population der Welt. Tatsächlich sind nur noch weniger als 15 Kolonien dieser Spezies bekannt, die meisten von ihnen existieren in den VAE. Exemplare der vom Aussterben bedrohten arabischen Berggazellen wurden auch auf Seneyah angesiedelt und scheinen sich prächtig zu entwickeln. Das Meeresleben, obwohl erst in Ansätzen erforscht, verdient jetzt schon Aufmerksamkeit für seine Fülle und Vielfalt. Schwarzspitzen-Riffhaie kreuzen vor der Küstenlinie, während fliegende Fische, Rochen, Seekühe und grüne Meeresschildkröten in den tieferen Gewässern heimisch sind. Khor Al Beidah, die zwischen Seneyah und dem Hauptland gelegene Sand- und Schlammfläche, besitzt wegen ihrer Wasservogelpopulation internationale Bedeutung. Abgesehen von Spuren einer Besiedelung während der späten islamischen Periode, wahrscheinlich durch Fischer, wurden aber auf der Insel wenige archäologische Funde gemacht. Es wurden jedoch Münzen aus dem frühen ersten Jahrtausend v. Chr. entdeckt. Obwohl Seneyah nicht offiziell unter Naturschutz steht, stellt die Insel zusammen mit Khor Al Beidah eines der größten noch bestehenden Gebiete ungestörter und vielfältiger Küstenlandschaft in den VAE dar. Bootstouren um Khor Al Beidah und zur Seneyah Insel werden vom Umm Al Quwain-Tourismuszentrum angeboten. Das Betreten der Insel ist nicht erlaubt; das Tourismuszentrum bietet jedoch Zugang zu einem Privatstrand, Pool und Restaurants.
Entlang der Küste nahe Umm Al Quwain-Stadt liegt auf der Insel Al Dur eine der berühmtesten archäologischen Stätten der Region. Ausgrabungen aus dem Jahre 1973 legten eine über 2.000 Jahre alte Stadt, die größte des antiken Südostarabiens, offen. Darauffolgende Ausgrabungen förderten zahlreiche interessante Objekte, darunter beeindruckende Gräber, Steinhäuser, Aufbewahrungskrüge, sowie Glaswaren aus Syrien und Ägypten, zu Tage. Das vier Quadratkilometer große Gebiet wird noch heute von Archäologen aus Frankreich, Belgien, Dänemark und Großbritannien erforscht.
Falknerei und Kamelrennen, zwei traditionelle Freizeitbeschäftigungen der Beduinenstämme, sind in Umm Al Quwain noch tief verwurzelt. Die Fahrt landeinwärts zur Kamelrennstrecke nach Al Labsa ist allein genommen schon ein lohnenswertes Naturerlebnis. Die Rennstrecke befindet sich im Windschatten riesiger Dünen links der Straße, die nach Falaj Al Mu’alla führt. Rennen finden ausschließlich während der Wintermonate frühmorgens an Freitagen und Samstagen statt. Besucher sind herzlich willkommen. Auch den Weg kreuzende Kamelkaravanen gehören zu den gewohnten Anblicken in dieser Gegend und bieten damit sicher ein typisches, malerisches Fotomotiv in den VAE. Die von bewaldeten Tälern unterbrochenen Dünen in diesem Teil der Wüste stellen ein herausforderndes Terrain für Offroad-Fahrten dar und sind gleichzeitig eine der schönsten Campingstellen für eine unvergessliche Nacht unter dem arabischen Sternenhimmel.