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AUSGABE Nr. 26 Januar / Februar 2011

Unterwegs mit dem Containerschiff auf den Meeren der Welt
Keine Angst vor Piraten und Seekrankheit

Mehr als 130 moderne Schiffe, fast fünf Millionen transportierte Container (TEU) im Jahr, über 6.800 Mitarbeiter an 300 Standorten in 114 Ländern: „Hapag-Lloyd“ gehört zu den führenden Linienreedereien der Welt. Am 10. November 2010 organisierte die AHK zusammen mit dem Logistikunternehmen „Weiss - Röhlig“ eine Besichtigung des Containerschiffs „Savannah Express“ im Hafen von Jebel Ali.

Mit Schutzhelm und Warnweste ausgestattet, fährt die Besuchergruppe in den Hafen von Jebel Ali. Ein Dutzend neugierige Augenpaare staunen über den Anblick der Savannah Express, ein Containerschiff der Reederei Hapag-Lloyd, das gerade in Jebel Ali beladen wird. Mit einer Länge von 322 Metern und einer Breite von 43 Metern passt es kaum auf das Foto, für welches sich die Gruppe vor dem Schiff aufgestellt hat. Kapitän Eugen Westfal und der 3. Offizier Hendrik Behnke begrüßen die Gäste an ihrem Arbeitsplatz. Die Crew besteht aus 23 Mitgliedern und ist international besetzt, man spricht u.a. Deutsch, Englisch, Polnisch und Rumänisch. Fast 9.000 Container können gleichzeitig transportiert werden und der Motor ist 68.520 Kilowatt stark. „Die Offiziere bleiben bis zu vier Monate auf dem Schiff, die restliche Crew sogar bis zu neun Monate“, erzählt Hendrik Behnke. Schlafraum, Küche und Fitnesscenter sind zwar gut ausgestattet, aber trotzdem ist es für uns Landratten schwer vorstellbar, so einen langen Zeitraum am selben Ort zu verbringen. Die Route der Savannah Express führt von Europa nach Asien, zur Westküste Amerikas und über Asien zurück nach Europa. Mit einer Maximalgeschwindigkeit von 25 Knoten, das bedeutet etwa 46 km/h, dauert die Reise einige Monate. Wer zur Taifunsaison in Asien unterwegs ist, sollte einen robusten Magen haben. „Selbst die erfahrensten Crewmitglieder können ab und zu mal seekrank werden“, berichtet Behnke. Doch gefährlicher als die Seekrankheit sind Piratenangriffe. „Besonders der Golf von Aden, der Indische Ozean und das Südchinesische Meer sind von Attacken betroffen. Wir erhalten alle zwei Tage Warnmeldungen vor Piratenangriffen“, ergänzt der Offizier. Auf der Savannah Express gibt es jedoch keine Waffen. Gefahrengebiete werden mit Höchstgeschwindigkeit durchfahren und das sogenannte „Fishtailing“ löst durch das Hin-und Hernavigieren hohe Wellen aus, die den kleineren Piratenschiffen das Annähern erschweren. Im Ernstfall können Piraten durch eine Dusche mit hohem Wasserdruck vom Entern des Schiffes abgehalten werden.

Doch selbst die Gefahr möglicher Piratenangriffe schreckt einige Containerschiff-Fans nicht davon ab, auf einem der riesigen Gefährte die Meere der Welt zu bereisen. Dazu zählt auch der Schweizer Philippe Müller. Er war von Mitte November bis Anfang Dezember vergangenen Jahres auf der „CMA CGM Thalassa“ von Khor Fakkan (VAE) nach Shanghai unterwegs. Dieses moderne, bei der koreanischen Daewoo Werft erbaute Containerschiff, wurde 2008 in Dienst gestellt. Es ist 345 Meter lang, 45 Meter breit und kann mehr als 11.000 Container laden. Das Schiff verfügt auf dem F-Deck über vier Doppelkabinen, alle mit Dusche und WC.  Die Mahlzeiten werden in der Offiziersmesse eingenommen. Den Passagieren stehen ein Fitnessraum sowie ein kleiner Innen-Swimmingpool inklusive Sauna und eine Bibliothek auf dem D-Deck zur Verfügung. Der Passagier-Aufenthaltsraum liegt auf dem F-Deck und ist mit modernen Unterhaltungsangeboten ausgerüstet. Doch was ist das Reizvolle an einer Reise auf einem Containerschiff? „Ich wollte einfach Abstand zum Alltag gewinnen. Große Industrieanlagen haben mich schon immer fasziniert“, erzählt der 40jährige Ingenieur. Doch die Reise auf einem Containerschiff ist preislich nicht günstig. Mehrere Tausend Euro kostet die Fahrt inklusive Vollverpflegung von den Emiraten nach China. „Die Reise war ein einmaliges Erlebnis und ich habe jede Minute genossen“, sagt Philippe Müller mit einem Lächeln im Gesicht. Und so hat er sich auf der CMA CGM Thalassa einen lang ersehnten Traum erfüllt.

Infobox

  • Ein Containerschiff ist ein Schiffstyp, der für den Transport von ISO-Containern ausgelegt ist.
  • Die Frachtkapazität von Containerschiffen wird in TEU (Twenty-foot Equivalent Units) angegeben und entspricht der Anzahl von 20-Fuß-Containern, die geladen werden können.
  • Heutzutage werden rund 90 Prozent der Stückgüter des Welthandels mit Containerschiffen transportiert.
  • Das Containerschiff entstand 1956 in den USA mit dem umgebauten Tanker „Ideal X“, als der Speditionsunternehmer Malcolm McLean damit anfing, die Aufliegergehäuse von Sattelschleppern ohne Fahrgestell über größere Seestrecken mit dem Schiff zu befördern.
  • Die heute fahrplanmäßig längste Containerlinie mit einer Umlaufzeit von 15 Wochen ist der AE-4 Dienst von Mærsk-Sealand. Sie führt von der USA-Ostküste über das Mittelmeer, den Sueskanal, Singapur, Hongkong und Taiwan an die Westküste der USA. Zurück via Japan, dann die gleiche Route an die USA-Ostküste.
  • Die zurzeit längsten Containerschiffe sind die „Emma Mærsk“ (Baujahr 2006) und deren Schwesterschiffe, welche einheitlich mit „E“ beginnende Mærsk-Namen tragen. Sie sind 397 m lang und haben eine Breite von 56,40 m und einen Maximaltiefgang von 16 m.
  • Die wichtigste Kennzahl für die Größe eines Containerschiffes ist die „TDW“, das heißt Tonnes Dead Weight. Dies ist die Last, die ein leeres Containerschiff tragen kann, im Wesentlichen Ladung und Treibstoff.
  • Die größte Containerschiffs-Reederei ist die „Mærsk Line” (Dänemark) mit 387 Schiffen.
  • Die größte Containerschiffsflotte hat Deutschland mit  1646 Schiffen.

[ASB]