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AUSGABE Nr. 26 Januar / Februar 2011

Freund und Feind
Nasser Al-Attiyah will seinem VW-Teamkollegen Carlos Sainz den Titel bei der Rallye Dakar streitig machen

Sie ist die legendärste und härteste Wüstenrallye der Welt. Im Dezember 1978 erstmals als Rallye Paris-Dakar ausgetragen, findet die Rallye Dakar aber seit 2009 in Südamerika statt. Start ist am Neujahrstag in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. Über mehrere tausend Kilometer führt die Strecke quer durchs Land nach Chile und endet am 16. Januar wieder in Buenos Aires.

Die Rallye Dakar ist die größte Herausforderung für Motorsportler weltweit. 430 Teilnehmer aus 51 Nationen werden dieses Jahr erwartet. Darunter auch der katarische Rennfahrer Nasser Al-Attiyah. Er startet für VW und ist damit gemeinsam mit seinem deutschen Co-Piloten Timo Gottschalk Konkurrent und Teamkollege der Vorjahressieger Carlos Sainz und Lucas Cruz. Die Spanier haben die Rallye 2010 knapp vor Al-Attiyah und Gottschalk gewonnen. Das VW-Werksteam stellt neben den bereits genannten, noch zwei weitere Teams auf. In den insgesamt vier neu entwickelten Race Touareg 3 starten auch der US-Amerikaner Mark Miller und dessen Beifahrer Ralph Pitchford aus Südafrika, sowie dessen Landsmann Giniel de Viliers und der Deutsche Dirk von Zitzewitz.  Volkswagen konnte in der Vergangenheit bereits zwei Dakar-Siege verbuchen – kein Wunder, dass seine Fahrer auch 2011 nach dem Titel greifen wollen.
„Wir können mit Fug und Recht behaupten, den stärksten Fahrerkader bei der Rallye Dakar 2011 in unseren Reihen zu haben“, sagt der Motorsport-Direktor von Volkswagen, Kris Nissen. „Jedes der vier Duos, hat in den vergangenen zwei Jahren wenigstens einen Podestplatz bei der Dakar gefeiert – das zeigt die Qualität, die in der Truppe steckt.“ Nasser Al-Attiyah ist seit 2009 bei Volkswagen unter Vertrag. Der mehrfache Middle East-Rallye Champion ist kein unbeschriebenes Blatt in der Motorsportszene. In den vergangenen fünf Jahren gewann der aus Katar stammende Rennfahrer nicht weniger als sechs FIA-Titel in vier unterschiedlichen Meisterschaften. Erst Anfang Dezember sicherte er sich mit seinem Sieg bei der „Dubai International Rallye“ eine weitere Trophäe und im September wurde er Zweiter bei der „Silk Way Rallye“.

Der Sieg bei der Dakar 2011 aber ist sein ganz persönliches Ziel.  Darauf bereitet sich der 40-Jährige seit Wochen vor. „Ich schlafe seit Tagen in einer speziellen Höhenkammer, um meinen Körper an die Höhenluft zu gewöhnen“, sagt er. Daneben stehen fünf Trainingstage pro Woche auf seinem Programm: Radfahren, Schwimmen, Laufen und mentales Training gehören dazu. „Für die Rallye musst du körperlich topfit sein.“
Al-Attiyah, der 2009 vom BMW - X-Raid-Team zu VW wechselte, fühlt sich bei den Wolfsburgern zu Hause. „Wir sind wie eine Familie, ich bin stolz darauf, einer der Werksfahrer zu sein“, sagt er. Überdies sei es auch ein wenig Patriotismus, bei VW unter Vertrag zu sein – schließlich besitze Katar Anteile am VW-Konzern. Al-Attiyahs größte Herausforderung aber sei sein Teamkollege Carlos Sainz. „Wir sind Teamkollegen und Freunde, aber sobald die Startflagge fällt, sind wir Konkurrenten“, sagt der sympathische Katarer. „Carlos hat viel Erfahrung, aber ich bin schneller.“ Al-Attiyah hat sich fest vorgenommen, Sainz zu schlagen. „Wir sind im selben Team und fahren dieselben Autos, trotzdem macht jeder von uns sein Ding und jeder hat so seine Tipps und Tricks, die trotz der Nähe geheim bleiben.“ Er habe ein gutes Gefühl für die Rallye und mit dem nötigen Quäntchen Glück könne er am Ende ganz oben auf dem Siegerpodest stehen. „Dieser Sieg und eine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen, damit wäre mein Glück perfekt“, sagt der Familienvater.
Neben seiner Karriere als Rennfahrer ist der Araber nämlich auch noch überaus erfolgreich im Tontaubenschießen. Bei den Asian Games holte er sich 2002 die Goldmedaille und bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen wurde er Vierter. Ein Sport, von dem er beim Rallyefahren profitiert. „Die Konzentration, die ich beim Tontaubenschießen brauche, hilft mir auch auf der Rennstrecke.“ Dabei hätte Al-Attiyah seine Karriere als Rennfahrer fast zugunsten des Tontaubenschießens an den Nagel gehängt. „Ich war damals in dieser Disziplin ein Botschafter für mein Land und wurde entsprechend unterstützt. Von 1995 bis 2003 bin ich daher auch keine Rallye gefahren.“ Letztlich aber habe ihn die Rennleidenschaft nicht losgelassen und mittlerweile könne er beide Sportarten perfekt miteinander verbinden.
Das Schlimmste, was ihm jetzt noch passieren könnte, wäre, die Rallye Dakar durch irgendeine Dummheit zu verlieren. „So ist es mir bei der Silk Way Rallye 2009 ergangen. Auf den letzten 50 Kilometern mussten wir nach einem Überschlag aufgeben.“ Er aber habe aus seinen Fehlern gelernt und sei fest entschlossen, sie nicht zu wiederholen. Etwas anderes als ein Sieg komme nicht in Frage. Schließlich sei der Platz für den Pokal im Trophäenschrank schon reserviert.

Weitere Infos unter www.dakar.com
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Rallye-ABC (Quelle: Volkswagen)
Amarok: Offizielles Volkswagen-Fahrzeug des Veranstalters A.S.O. (Amaury Sport Organisation) und des Volkswagen-Teams.

A.S.O. Amaury Sport Organisation: Veranstalter der Rallye Dakar.

Biwak: Vom Veranstalter organisiertes Camp am Ende jeder Etappe, in dem die Teams ihre Service-Bereiche aufbauen, ein Mediziner-Team wartet, Schlafplätze vorhanden sind und ein gemeinsames Büfett für alle Teilnehmer vorbereitet ist.

Briefing: Besprechung des Veranstalters mit den Teilnehmern, die Infos zur nächsten Etappe liefert.

CP Control Point: Vom Veranstalter definierter Punkt auf einer Etappe, an dem eine Durchfahrts-Kontrolle steht. Die Teilnehmer erhalten als Nachweis einen Stempel in die Bordkarten. Verpasst ein Team einen Kontrollpunkt, werden Zeitstrafen verhängt.

Etappe: Als Etappe wird ein Wegabschnitt definiert, der sich aus zeitlich nicht gewerteten Verbindungsstrecken (Liasion) und der auf Zeit zu absolvierenden Prüfung zusammensetzt. Die Rallye Dakar 2011 umfasst 13 Etappen und 9.618 Kilometer.

GPS Global Positioning System: Satellitengestütztes System zur Navigation. Allein mithilfe des Roadbooks müssen die Teilnehmer während der Etappe die vorgeschriebene Route finden und darauf "versteckte" GPS-Wegpunkte anfahren, deren Erreichen durch das GPS-Gerät im Fahrzeug bestätigt wird.

Guadal: Spezielle Art von Sand, die besonders feinpulverig ist. Das aus Afrika bekannte Pendant wird "Fesh-Fesh" genannt.

Interkom: Gegensprechanlage für Fahrer und Beifahrer, über die unter anderem die Ansagen aus dem Roadbook erfolgen.

Iritrack-System: Satellitengestütztes System zur Ortsbestimmung, mit dem die Rennleitung jederzeit die Position und Geschwindigkeit des Rallye-Fahrzeugs ermitteln kann (zu verfolgen auch unter www.volkswagen-motorsport.com). Über ein integriertes Satellitentelefon dürfen die Teilnehmer nur im Notfall Kontakt zur Rennleitung aufnehmen.

Offroad: Ein im englischen Sprachraum feststehender Begriff für Fahrten im freien Gelände – abseits jeglicher Wege.

Parc Fermé: Ein Bereich, in dem die Fahrzeuge zu bestimmten Zeiten während der Veranstaltung abgestellt werden müssen. Reparaturen, Tanken oder Reifenwechsel sind dort verboten.

PC Course: Rallye-Leitung der Rallye Dakar. Die Hauptrallye-Leitung ist an einem festen Ort untergebracht; unterwegs wird täglich zusätzlich ein
PC-Course-Büro im Biwak aufgebaut.

Roadbook: Das am Vorabend jeder Etappe ausgegebene Roadbook für die Navigation am nächsten Tag enthält alle Streckenskizzen, Angaben über Distanzen, Gefahrenstellen und Besonderheiten der Route.

Ruhetag: Wettbewerbstag, an dem die Fahrer und Beifahrer sich ausruhen können. Die Teams nutzen den Tag für einen umfangreichen Service an den Fahrzeugen.

Serviceroute: Vorgeschriebene Strecke, die vom Begleit-Tross befahren werden muss. Die Serviceroute verläuft parallel zur Rallye-Route des Wettbewerbs.

Speedzone: Tempolimit in Ortschaften, das auf den Etappen auch für Rallye-Fahrzeuge gilt. Speedzones sind vor Ort durch Schilder und im Roadbook durch Symbole gekennzeichnet.

Sentinel-System: Akustisches und optisches Warnsystem, das vorausfahrende Fahrzeuge auf schnellere Verfolger aufmerksam macht und das Überholen erleichtert.

Technische Abnahme (Scrutineering): Überprüfung der Einsatz- und Begleitfahrzeuge auf Konformität mit dem technischen Reglement.

Tripmaster: Elektronisches Messgerät im Cockpit zum Ausmessen von Einzel- und Gesamtdistanzen, das jederzeit vom Beifahrer per Tastatur mit neuen Werten eingestellt werden kann.

Wegpunkte: Über Längen- und Breitengrade vom Veranstalter definierte Punkte auf der Strecke, die in das GPS-System der Teilnehmer eingespeist werden und von den Fahrzeugen passiert werden müssen. Das Reglement sieht die verschiedenen Typen WPV (Way Point Visible), WPM (Way Point Masked) und WPE (Waypoint Eclipse) ebenso vor wie PC (Passage Control) sowie DZ und FZ, die Beginn und Ende eines Tempolimits markieren.

Wertungsprüfung (WP), auf Englisch "Special Stage": Teilabschnitt einer Etappe, in dem auf Zeit gefahren wird. Die Addition der WP-Zeiten ergibt das Gesamtklassement.

Zeitkarte: Ein Dokument, das die Start- und Ankunftszeit sowie die Durchfahrtszeit des Teilnehmers an sogenannten Kontrollpunkten festhält.

Mehr Informationen: www.volkswagen-motorsport.com