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AUSGABE Nr. 27 März / April 2011

Martin Kaymer: Promi wider Willen
Der Golf-Profi aus Mettmann hat sich seinen Traum erfüllt, fühlt sich aber noch fremd in der Glitzerwelt seiner Idole

Golf-Gigant, Superstar - die deutschen Medien überschlagen sich mit Superlativen. Fast über Nacht haben sie den deutschen Golf-Profi Martin Kaymer auf den Sport-Olymp gehoben. Ein Platz, den der sympathische Golf-Profi aus Mettmann allerdings nicht den Medien zu verdanken hat, sondern seiner Leidenschaft. Eine Passion für einen Sport, der in Deutschland nach wie vor ein fast stiefmütterliches Dasein fristet.

Martin Kaymer könnte nun ein neuer Botschafter für diesen Sport sein. Gerade ausgezeichnet mit dem Laureus World Sports Award für den Durchbruch des Jahres, stand er im Februar zudem kurz davor, den Weltranglisten-Ersten Lee Westwood aus England vom Golf-Thron zu stoßen. Bis Redaktionsschluss war Kaymer dieser Coup aber noch nicht gelungen. Trotzdem ist seine Leistung sagenhaft. Er ist seit Bernhard Langer der erste Deutsche, der es an die Weltspitze geschafft hat.
DiscoverME hat sich mit dem jungen Deutschen kurz nach der Verleihung der Laureus World Sports Awards unterhalten und hat einen äußerst sympathischen, bodenständigen und ehrgeizigen Sportler getroffen. Ein Profi durch und durch, der trotz aller Erfolge bescheiden bleibt: „Es ist schon ein seltsames Gefühl, dass mir auf einmal so viele Leute zuhören, dass sie so viel von mir wissen wollen.“ Auf einmal säße er inmitten von Prominenten und werde selber wie einer behandelt. „Bei der Verleihung der Sport Awards habe ich mich gefreut, dass ich mit all meinen Idolen in einem Raum sitze und auf einmal dazu gehören soll. Ich kann das alles noch gar nicht wirklich glauben. Der Deutsche aus Düsseldorf ist jetzt auf einmal auch ein Promi.“ Sagt‘s und schüttelt noch immer ungläubig den Kopf.
Der Gala-Abend in Abu Dhabi Anfang Februar habe ihm neben dem Rummel um seine Person aber auch für andere Dinge die Augen geöffnet. „Ich habe mich lange mit der zweiten deutschen Preisträgerin Verena Bentele unterhalten. Und Leute wie sie, die verdienen solche Auszeichnungen viel mehr als ich“, sagt er. Was Verena leiste, sei beeindruckend. „Sportler wie sie, die trotz einer Behinderung solche Erfolge erzielen und ihr Leben meistern, die sind wirklich beeindruckend. Ihre Geschichte hat für mich einiges gerade gerückt, mir gezeigt, wie glücklich wir sind.“
Worte, die man dem 26-Jährigen glaubt. Genauso wie die Aussage, dass Tiger Woods und Lee Westwood nach wie vor eine Inspiration für ihn sind und keine Rivalen. Für Kaymer ist der Sport eine Herzenssache und das ist kein Lippenbekenntnis. Deshalb sei er auch nicht nervös gewesen, als er mit Woods und Westwood bei den „Dubai Desert Classics“ im selben Flight gespielt habe. „Tiger Woods ist der Beste, nach wie vor. Ich kann viel von ihm lernen und freue mich, mit ihm zu spielen.“
Davon, dass er vielleicht mal in die Fußstapfen von Tiger Woods treten könnte, will er nichts wissen. „Ich habe bislang nur ein Major gewonnen, Tiger Woods 14. Ich finde das also ziemlich vermessen.“ Vielmehr habe er unheimlichen Respekt vor Woods und das, was er für den Sport getan habe. Eine Aufgabe, die Kaymer selbst - so hofft er - nun auch in Deutschland übernehmen kann. „Vielleicht wird der Sport durch meine Erfolge und das Interesse der Medien daran nun auch in meiner Heimat populärer. Das hoffe ich zumindest.“
Worte, die wahre Stärke beweisen. Denn als Kaymer sich nach der Schulzeit für eine Karriere als Golf-Profi entschied, haben nur wenige wirklich an ihn geglaubt. „Das war für mich aber irgendwo auch eine gewisse Motivation. Mein Glück war, dass ich immer gute Leute um mich gehabt habe, die mich bestärkt haben, an meinen Traum zu glauben.“ Der Erfolg heute gibt ihm Recht. „Heute bekomme ich die Bestätigung, dass ich alles richtig gemacht habe.“ Mit zehn Jahren hat Kaymer die ersten Bälle auf einer Driving Range geschlagen, sein Vater hatte ihn und Bruder Philip dorthin mitgenommen. Als Teenager hat er sich dann für den Golfsport entschieden. „Ich musste mich zwischen Fußball und Golf entscheiden. Klar wäre ich auch gerne Fußballprofi geworden, ich habe damals aber im Golf eine größere Perspektive gesehen.“ Heute sei er zufrieden mit der Entscheidung. Und ganz abgesehen von den sportlichen Erfolgen sei er dankbar dafür, gesund zu sein und eine tolle Familie zu haben.
Die spielt in Kaymers Leben von jeher eine große Rolle. Seinem Bruder Philip zollte er sogar in seiner Dankesrede bei den Laureus World Sports Awards Tribut. „Das Zusammensein mit meiner Familie ist wichtig für mich. Das hilft mir auch dabei, die Realität nicht aus den Augen zu verlieren. Seine wenige Freizeit verbringt der 26-Jährige deshalb auch lieber im Kreis seiner Lieben - beispielsweise bei einem Abendessen mit der Oma. „Ohne meine Familie und meine Freunde wäre ich heute nicht da, wo ich bin.“
Aus dieser Unterstützung habe er auch immer wieder die Motivation bekommen, die er für den Weg an die Weltspitze brauchte. „Die Förderung in Deutschland ist schon gut, daher verwundert es mich auch, dass es nicht mehr gute deutsche Golfspieler gibt.“ Allerdings werde man in Deutschland auch zu früh gelobt. „Wenn man ein kleines Turnier gewinnt, wird man schon in den Himmel gehoben und das darf nicht sein. Schließlich ist der Sport dein Beruf.“ Dieses Lob steige aber vielen talentierten Spielern zu Kopf. „Ich habe viele Golfer kennengelernt, die mehr Talent hatten als ich. Aber die haben nach ihren ersten Erfolgen eben nicht so hart gearbeitet wie ich, sondern sich lieber auf ihren Lorbeeren ausgeruht.“
Das kommt für Kaymer nicht in Frage. Er arbeitet hart für seinen Sport. Für ihn ist der Golfsport auch nicht allein Karriere, sondern Berufung. „Ich bin nicht Golfprofi geworden, um möglichst viele Euros zu verdienen.“ Für ihn gebe es nichts Schöneres, als morgens aufzustehen, den Sonnenaufgang zu sehen und dabei ein paar Bälle zu schlagen. „Ich liebe diesen Sport und durch meine Erfolge und dem damit verbundenen Preisgeld kann ich mir das Leben einfacher gestalten und abends auch mal ein größeres Steak essen, es ist aber nicht das Wichtigste an diesem Sport.“ Grundsätzlich habe sich sein Leben daher auch nicht verändert und das wolle er auch so beibehalten. Für ihn stehe der Sport im Vordergrund und nicht das Geld, das sich damit verdienen lässt. „Zum Glück haben wir in unserem Sport auch Turniere wie den Ryder Cup, bei dem es nicht nur um das höchste Preisgeld geht, sondern ausschließlich um die Ehre.“
Jungen ambitionierten Golfspielern gibt Kaymer daher auch einen Rat mit auf den Weg: „Es muss jedem bewusst sein, dass das Leben eines Golf-Profis harte Arbeit ist. Das ist ein Job wie jeder andere auch. Man steht morgens auf und kommt abends heim. Man muss den Sport genauso ernst nehmen wie einen normalen Job.“
Ein Job, mit dem Kaymer hier in den Emiraten bislang am erfolgreichsten war. Daher mag er Dubai und Abu Dhabi auch sehr gerne. „Hier in den Emiraten habe ich meinen ersten Titel gefeiert, zwei Titel verteidigt und nun habe ich hier auch den Laureus Sports Award verliehen bekommen.“ In den Emiraten sei ihm bislang nur Gutes widerfahren. „An solche Plätze kehrt man doch gerne immer wieder zurück.“

[ME]