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ISSUE No. 14 January - February 2009

Immobilienmarkt VAE
Platzt die berühmte Blase?

Für die einen ist es ein Segen, für andere ein Fluch: Der Bau-Boom am Golf scheint angesichts der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise ins Stocken zu geraten.

Das Kursniveau der Börsen in den gesamten Golfstaaten stürzte Ende letzten Jahres scheinbar haltlos in die Tiefe. In Dubai sind vor allem Wertpapiere aus der Immobilienbranche von Emaar, Tamweel, Deyaar Development, Arabtec Construction and Union Properties betroffen. Allein die Verluste der im „Real Estate Index“ aufgeführten Firmen betragen 80 Milliarden AED. Die Börse in Abu Dhabi (The Abu Dhabi Securities Exchange Service) verzeichnet auch hohe Gewinneinbrüche, ist aber im Vergleich zu Dubai weniger stark betroffen. Börsenexperten führen dies auf die allgemeine Meinung zurück, dass Dubais Wirtschaft und der Immobilienmarkt stärker mit den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zu kämpfen haben als die Firmen im ölreichen Nachbaremirat Abu Dhabi. Laut einer Studie des Bankhauses „Standard Chartered“ ging das reale Wirtschaftswachstum der VAE von prognostizierten 4,8 Prozent auf 2,7 Prozent im Jahr 2008 zurück. Schuld daran sind auch die stark gefallenen Ölpreise. Nach dem Höchststand von 145 US-Dollar pro Barrel im Juli 2008 sanken die Preise zum Ende des Jahres auf zirka 55 Dollar. Doch die Rezession in den USA und Europa wirkt sich nicht nur auf die Ölnachfrage aus. Durch den Abzug ausländischer Kapitalanlagen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) in Milliardenhöhe wird dem Immobilienmarkt in Dubai der Boden unter den Füßen weggezogen. Laut einer Studie der Rating-Agentur „Moody's“ beläuft sich die Verschuldung von Dubais Regierung ohne private Kreditaufnahme auf mindestens 47 Milliarden US-Dollar.

Die Zeit der Prestigeprojekte scheint vorbei zu sein, denn Dubai muss sparen. So werden derzeit alle Immobilienprojekte neu bewertet und überprüft. Al Bawadi kündigte bereits mindestens zwölf Monate Verzug für den Baubeginn des „Asia Asia Hotel“ in Dubailand an, für das  6500 Zimmer geplant sind. Auch Nakheel stoppte bestimmte Bauabschnitte für „Palm Deira“ - die größte künstliche Insel der Palmentriologie. Weitere schlechte Nachrichten folgten im Dezember:  Der Baubeginn für den „Trump Tower“ auf der Palmeninsel Jumeirah wird verschoben und Nakheel streicht 500 Arbeitsplätze. Da gleichzeitig auch die Rohstoffpreise für Stahl und Zement sinken, könnten noch mehr Projekte verzögert werden, da die Baufirmen auf niedrigere Preise hoffen.

Doch auch die Zeiten des minimalen Geldaufwandes für Projektfinanzierungen sind vorbei. Die Interbankenrate in den VAE für Darlehen stieg Ende letzten Jahres von 1,9 Prozent auf 4,6 Prozent an. Ergebnis: Kredite werden teurer. Auch stieg der geforderte Eigenkapitalanteil für Hypotheken-Darlehen von fünf bis zehn Prozent auf über 40 Prozent an. Mitarbeiter von Immobilienfirmen müssen sogar um private Kredite fürchten, da die Banken einen hohen Personalabbau in dieser Branche erwarten. Einige Banken haben das monatliche Mindestgehalt für Antragsteller privater Kredite von  5 000 auf

20 000 AED angehoben. Um einer Panikstimmung wie in anderen Ländern vorzubeugen, hat die Regierung eine staatliche Garantie für alle Bankguthaben auf Konten in den VAE für drei Jahre lang gegeben. Außerdem wurden 120 Milliarden AED in den Bankensektor gepumpt, um einen Zusammenbruch des Kreditgeschäftes zu vermeiden. Nun erfolgt auch eine preisliche Korrektur auf dem Immobilienmarkt, so Cornelia Kieferle-Nicklas, Geschäftsführerin des Architekturbüros Kieferle & Partner in Dubai: „Die spekulative Phase bis zum Sommer 2008 war eine äußerst ungute Entwicklung, die eine Korrektur bzw. einen Preisrückgang unvermeidlich machte. Die internationale Finanzkrise wird sich hier in Dubai deutlich stärker bemerkbar machen, als viele erwarten. Die Preise für Immobilien sinken, da viele Eigentümer verkaufen müssen, um liquide zu bleiben. Wenn Teilzahlungen nicht geleistet werden können, muss gegebenenfalls auch unter Wert verkauft werden. Dennoch erwarte ich keinen Stillstand auf dem Immobilienmarkt, auch wenn eine Prognose derzeit schwierig ist. Da Gelder weder an der Börse noch bei Banken gute Renditen bringen, sind werthaltige Immobilien eine interessante Geldanlage. Und in Dubai ist immer noch viel Geld auf dem Markt. Die große Frage ist daher, ob Dubais Markt als werthaltig eingestuft wird.“

Laut Experten wird der sogenannte „Off Plan Market“, also der Verkauf von Immobilien, die nur auf dem Papier existieren, nahezu aus den VAE verschwinden. Gerade der  Handel mit diesen Papier-Immoblien wurde für die exorbitanten Preissteigerungen der letzten Jahre verantwortlich gemacht. Somit besteht die Chance für eine Korrektur und Stabilisierung auf dem Immobilien- und Wohnungsmarkt. Schon jetzt werden Immobilien mit bis zu 20 Prozent Preisnachlass im Vergleich zum Vorjahr angeboten. Viele der leidgeprüften Mieter in den VAE hoffen nun auf fallende Preise auf dem Wohnungsmarkt.

Und es gibt auch noch andere gute Nachrichten: Nakheel hält an den Plänen für den Bau des „Tall Tower“ fest, der mindestens einen Kilometer hoch werden soll. Das gesamte Projekt „Nakheel Harbour & Tower“ kostet, laut Aussage von Sultan Ahmed Bin Sulayem, 140 Milliarden AED und soll in der Nähe der Ibn Battuta Shopping Mall gebaut werden. Nationale und internationale Baufirmen konnten sich bis Ende letzten Jahres an der Ausschreibung beteiligen. Fallende Rohstoffpreise und eine geringere Inflationsrate sind positive Nebeneffekte der internationalen Finanzkrise, die der Wirtschaft in den VAE auch positive Impulse geben können. Es bleibt also abzuwarten, inwiefern die Regierungen von Abu Dhabi und Dubai in der Lage sind, die Krise in eine Chance zu verwandeln. Noch ist es zu früh, um endgültige Prognosen abzugeben.