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ISSUE No. 16 May - June 2009

Die Nummer 1 auf dem Treppchen
Katar will als Sportnation ganz nach oben

Katar boomt. Katar trotzt der weltweiten Krise. Experten sagen der Wirtschaft für 2009 und 2010 dort zweistellige Wachstumsraten voraus. Ausschlaggebend dafür sind vor allem Projekte im Energie-, Infrastruktur- und Bausektor. Doch der kleine Golfstaat will nicht nur in diesen Bereichen Vorreiter sein. Das Land will auch sportlich ganz vorne mitmischen. Viele ehrgeizige Projekte wurden in den vergangenen Jahren initiiert. Katar lässt sich das neue Wunschimage als „die Sportnation“ viel Geld kosten. So bekam die britische Hochseeseglerin Tracy Edwards beispielsweise 55 Millionen Euro dafür, dass sie ihren Katamaran „Qatar 2006“ nannte. Darüber hinaus heißt es, dass der Wüstenstaat Fußballern, die nicht ins nationale Aufgebot ihrer Heimat berufen wurden, Verträge und die Staatsbürgerschaft angeboten habe, um die Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2006 zu schaffen. Derartiges ist nun aber vorbei. Jetzt sollen die Sportler aus dem eigenen Land kommen oder zumindest dort gefördert werden. Eines der prestigeträchtigsten, aber auch oft kritisierten Projekte dafür ist die Gründung der Sportakademie „Aspire“.

Dort sollen vorrangig junge Kataris zu Leistungssportlern ausgebildet werden. Darüber hinaus sind auch immer wieder ausländische Sportverbände dort zu Gast und nutzen die Akademie für ihr Wintertraining. In den vergangenen Jahren waren beispielsweise die deutschen Jugendfußball-Nationalmannschaften in Doha. Trotzdem empfinden Kritiker die hochmoderne und nahezu perfekt ausgestattete Anlage als überdimensioniert und prangern an, dass sie weitgehend nicht ausreichend genutzt werde. Das stört die Verantwortlichen aber nicht. Sie gehen sogar noch einen Schritt weiter und fügen der Anlage mit angegliederter Sportklinik (Aspeta) jetzt noch ein Hotel dazu. Das Aspire Hotel ist derzeit im Bau.

Auf dem Weg zur Sportnation gibt es allerdings auch Verluste – zumindest aus Sicht der ausländischen Berater. Viele Experten in der mittleren und oberen Managementebene, die diese Projekte entwickelt und begonnen haben, müssen derzeit ihre Posten räumen. Sie machen Platz für katarische Führungskräfte. Davon nicht betroffen sind die deutschen Experten Uli Linke, Tilman Engel, Gerald Fritz und der Ex-Bundesliga-Profi Carsten Wehlmann. Sie sind die Verantwortlichen bei der Qatar Stars League (QSL). Das ist ein Projekt, das versucht, internationale Standards gemäß der FIFA und der Asian Football Confederation (AFC) zu implementieren. Vom Vereinsmanagement bis hin zur Ligaorganisation werden dabei alle Bereiche neu strukturiert und professionell gestaltet..

Das größte Sportereignis in den vergangenen Jahren waren  die Asian Games im Jahr 2006 und 2011 folgen die asiatischen Fußballmeisterschaften. Das sind aber nicht die einzigen Höhepunkte des katarischen Sportkalenders: 2009 und 2010 stehen die Tennis-Weltmeisterschaften der Damen an und im Januar steigt jedes Jahr mit den  „Qatar Tennis Open“ ein Saisoneröffnungsturnier mit hochkarätigen Sportlern wie Roger Federer, Raphael Nadal oder Andy Roddick. Doch nicht nur Tennisfans kommen auf ihre Kosten. Von der Motorrad-Weltmeisterschaft über Tischtennis und Squash bis hin zu den jährlichen Golf Open oder dem Speedboat-Rennen stehen viele Ereignisse auf dem Plan. Katar lädt mehrmals im Jahr die sportliche Weltelite zu sich in die Wüste ein und erhofft sich so, ein positives Image für das Emirat zu kreieren. Ein Image, das wiederum Touristen anlocken und den benachbarten Boom-Standorten – allen voran Abu Dhabi mit der Formel-1-Rennstrecke und Dubai mit seinem ehrgeizigen „Sports City“-Projekt – den Rang als Sportdestination im Golf ablaufen soll. Einen ersten Erfolg auf dem Weg dorthin konnte Katar Mitte April feiern. Beim Saisonauftakt der Motorrad-Weltmeisterschaft auf dem Losail Circuit – der modernsten Rennstrecke der Welt – wurden die Katarer als die besten Grand-Prix Veranstalter 2008 ausgezeichnet. Die Ehrung hatte ein besonderes Gewicht, da erstmals seit 1998 wieder ein Veranstalter außerhalb Europas diesen Preis erhielt. Vergeben wird die Auszeichnung jährlich von der IRTA, der International Road Racing Team Association. In seiner Laudatio hob IRTA-Präsident Herve Poncharal die hervorragende Ausstattung der Rennstrecke hervor:  “Der Losail Circuit ist unserer Meinung nach die sicherste Strecke, die wir haben, denn sie ist eigens für den Motorradrennsport gebaut. Noch mehr überzeugt haben uns aber die millionenschweren Investitionen in die Lichtanlage, welche vergangenes Jahr das erste Nachtrennen möglich gemacht hat. QMMF-Präsident (Qatar Motor and Motorcycling Federation) Nasser bin Khalifa al-Attiyah freute sich über die Auszeichnung: „Es ist ein großer Moment und eine ebenso große Überraschung für uns, diesen Preis zu erhalten. Wir sind stolz und sehen diesen Preis als Lohn für unsere harte Arbeit. Wir haben bei Null angefangen und sind jetzt ganz oben.“ Carmelo Ezpeleta, Geschäftsführer der Dorna, sieht in Katar eine große Motorsportzukunft. „Als wir das erste Mal in Katar einen Grand Prix fahren sollten, fragten wir uns, ob so etwas in der Wüste möglich wäre. Aber wir wurden von dem Einsatz hier in Katar überzeugt, besonders durch die Argumente des Präsidenten. Dann wurde überlegt, ob ein Nachtrennen möglich wäre und wiederum wurden wir überzeugt. Jetzt wäre es schön, bei den nächsten Rennen einen lokalen Fahrer am Start zu sehen.“ Einen, der ganz nach vorne will, wie der Wüstenstaat selbst. Gewonnen hat den Saisonauftakt der MotoGP in Katar der Australier Casey Stoner vor dem achtfachen Weltmeister aus Italien, Valentino Rossi, und dem Spanier Jorge Lorenzo. Bester deutscher Fahrer war Sandro Cortese. Er wurde in der 125 ccm -Klasse Dritter. Das Rennen wurde allerdings nach vier Runden abgebrochen, da ein Wolkenbruch eine Fortsetzung unmöglich machte. Die Fahrer der Königsklasse starteten aus diesem Grund mit einem Tag Verspätung. „Mit dem Aufzug von Sturm und Regen blieb uns für Sonntag keine andere Wahl als die Absage“, sagte Carmelo Ezpeleta. „Als uns die QMMF die Möglichkeit anbot, das Rennen am Montag auszutragen, haben wir sofort reagiert.. Aber wir haben natürlich auch die Teammanager zu Rate gezogen. Die Verschiebung des Termins fand bei ihnen eine große Stimmenmehrheit. Eine außergewöhnliche Entscheidung angesichts außergewöhnlicher Umstände.“

Genauso außergewöhnlich wie die Pläne Katars. Katar greift nach den Sternen und hat sich neben Olympia 2016 nun auch für die Austragung der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 beworben. Experten räumten einer Bewerbung für 2018 nicht viel Aussicht auf Erfolg ein, ,denn Mitkonkurrenten als Gastland für die Fußball-WM 2018 sind unter anderem England, Mexiko, Russland, Japan und Australien. England werden dabei die besten Chancen vorhergesagt. Um die Mitbewerber auszustechen und die Sportler vor der Sommerhitze schützen zu können, soll in Doha das erste unterirdische Stadion gebaut werden. Ein weiteres Projekt, um Katar im Sportolymp nach ganz oben zu bringen.

 

QSL (Qatar Stars League) und Aspire

Katar ganz nach vorne bringen wollen auch Gerald Fritz und seine Kollegen bei der Qatar Stars League. Der 39-Jährige lebt seit Dezember 2008 in Doha und hat ein erklärtes Ziel: die Strukturen des katarischen Fußballs zur Professionalität zu bringen.. „Insbesondere im operativen Bereich soll hier künftig alles nach dem Vorbild der FIFA und der AFC ablaufen.“ In Katar spielen allein in der 1. Liga zehn Teams, in der 2. Liga sind es doppelt so viele. Langfristig sollen es aber sogar noch mehr werden. Mitte April hat die Qatar Football Association (QFA) die QSL für die kommende Saison von 10 auf 12 Teams aufgestockt.

 „Wir wollen eine komplette Hin- und Rückrunde wie in Europa spielen und auch die jungen Katarer verstärkt an den hochklassigen Profifußball heranführen.“ Katars Regent Scheich Hamad Al Thani ist ein echter Sportnarr. Er hat in verschiedenen Presseberichten sogar mehrfach betont, es sei wichtiger, dem Internationalen Olympischen Komitee anzugehören als den Vereinten Nationen. Sport sei für ein Land das beste Mittel, sich zu präsentieren und voranzukommen. Auch im Fußball. Dort ist eines der Ziele mit vier Teams in der Asian Champions League zu spielen. Momentan konzentrieren sich Fritz und seine Kollegen von der QSL aber auf den  „Heir Apparent Cup 2009“. Am 1. Mai spielen die vier besten Teams, darunter Al Rayyan und Al Sadd,  im Khalifa Stadion gegeneinander. Auf diesem Rasen werden sonst nur der prestigevolle „Emir Cup“ und Länderspiele ausgetragen. 55.000 Menschen haben in diesem Stadion Platz. Damit gibt es also ein weiteres ehrgeiziges Projekt. Der gebürtige Berliner Fritz aber mag die ambitionierten Pläne des Wüstenstaats und ist stolz darauf, dass er sein Know-How hier an die Katarer vermitteln kann. „Die Verantwortlichen hier haben Großes im Sportbereich vor und verfolgen ihre Pläne mit enormen Ehrgeiz und Stolz. Dabei spielt für sie der Fußball eine sehr bedeutende Rolle.“

Genauso ehrgeizig wie die Sportakademie Aspire, auf welche Katar jetzt seine großen Hoffnungen setzt. Nach der Niederlage bei der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika soll die Akademie nun einen Ausgleich schaffen.. Die Jugendteams, die dort aufgebaut werden, sollen die fußballerische Elite werden. Nach dem Motto der Talentschmiede „Aspire Today, Inspire Tomorrow – heute aufstreben, morgen begeistern“, sollen sie der Schlüssel zu einer erfolgreichen Fußballzukunft sein. Und dass die jungen Fußballspieler das Zeug dazu haben, haben sie in jüngster Zeit mehrfach bewiesen. Gegen Top-Clubs wie den AC Mailand, Real Madrid oder Valencia haben sie immer konstante Leistungen gezeigt. Michael Browne, Cheftrainer der Akademie, ist voll des Lobes: „Die Leistungen der Aspire-Spieler haben mich davon überzeugt, dass wir in Katar eine rosige Zukunft vor uns haben.“ Das Ziel von Aspire sei, Sportler in Champions zu verwandeln.